Rückzug des einen, Aufstieg des anderen
Kaum war das Zerwürfnis zwischen Donald Trump und Elon Musk öffentlich, witterte Jeff Bezos seine Chance. In einem geopolitischen Spiel um Einfluss, Raumfahrt und Milliardenaufträge scheint der Amazon-Gründer zur neuen Lieblingsfigur des US-Präsidenten zu avancieren.
Während Musk mit seiner „America Party“ und der Kritik an Trumps Ausgabenpolitik die Konfrontation suchte, pflegt Bezos diskret den Dialog – und positioniert sich strategisch.
Gleich mehrfach haben sich die beiden zuletzt telefonisch ausgetauscht, auch ein Treffen im Weißen Haus soll es gegeben haben. Parallel reiste Dave Limp, Chef von Bezos’ Raumfahrtunternehmen Blue Origin, nach Washington – nicht zum Sightseeing, sondern zum Termin mit Trumps Stabschefin. Thema: Regierungsaufträge.
Milliardenprojekt Golden Dome: Amazon statt SpaceX?
Besonders deutlich wird der Machtwechsel beim Prestigeprojekt „Golden Dome“. Der geplante Raketenschutzschild für die USA soll 175 Milliarden Dollar kosten und den Himmel mit bis zu 16.000 Satelliten sichern.
Bislang war Elon Musk mit SpaceX der logische Partner – seine Starlink- und Starshield-Systeme gelten als technisch führend. Doch Trump will offenbar umsteuern. Laut Reuters ist das Pentagon bereits an Amazons Satellitensparte Kuiper herangetreten.

Offiziell bleibt SpaceX unersetzbar. Inoffiziell will das Weiße Haus die Abhängigkeit reduzieren. Und Bezos steht bereit, mit Amazon, Blue Origin – und einer klaren Botschaft: Ich kann liefern.
Noch hat Kuiper nur 78 Satelliten im All, Starlink fast 9.000. Doch mit politischen Rückenwind und Zugriff auf die Amazon-Cloud könnte sich das Blatt schneller wenden als gedacht.
TV, Mode, Meinungsmacht – Bezos auf Einkaufstour
Bezos denkt größer. Neben Raketentechnologie interessiert ihn auch der Meinungseinfluss. Schon seit Jahren gehört ihm die „Washington Post“, nun soll er laut „New York Post“ auch Interesse am TV-Sender CNBC zeigen, der möglicherweise von Comcast ausgegliedert wird.
Und selbst das Modemagazin „Vogue“ steht angeblich auf seiner Liste. Offiziell bestätigt ist das alles nicht – aber wer 234 Milliarden Dollar besitzt, muss sich selten erklären.
Medienmacht, Cloud-Infrastruktur, Rüstungsaufträge – Bezos verknüpft seine Imperien. Kritiker sehen darin eine riskante Nähe zwischen Regierung und Tech-Konzernen. Doch Trump scheint die Allianz zu gefallen. Selbst Melania Trump soll über Bezos' Streamingdienst einen Millionen-Deal für eine Doku abgeschlossen haben – deutlich über Marktpreis.
Bezos‘ Comeback im Weißen Haus
Dass Bezos heute im Zentrum der Trump-Regierung steht, war nicht absehbar. Noch in Trumps erster Amtszeit wurde der Amazon-Chef regelmäßig beleidigt, oft wegen seiner „Washington Post“.
Doch zur zweiten Amtseinführung saß Bezos in der ersten Reihe. Er spendete eine Million Dollar für Trumps Feierlichkeiten und empfing im Juni bei seiner Hochzeit in Venedig Ivanka Trump als Gast.
Symbolpolitik? Vielleicht. Aber auch Teil eines größeren Plans. Denn Amazon ist in vielen Bereichen auf die US-Regierung angewiesen – von Cloud-Verträgen mit der NSA bis hin zu Handelszöllen, die das Kerngeschäft massiv treffen könnten. Eine gute Beziehung zur Politik ist für Bezos keine Kür. Sie ist Überlebensstrategie.
Elon Musk bleibt dominierend – noch
Trotz aller Signale aus Washington: Musk bleibt vorerst das Maß aller Dinge im All. Allein 2025 plant SpaceX 170 Raketenstarts, Blue Origin nur sieben. Auch die US-Streitkräfte setzen weiterhin auf Musks Dienste – selbst wenn sie ihn politisch fallen lassen.
Doch das Fenster für Veränderungen ist offen. Bezos spielt keine zweite Geige mehr. Er hat verstanden: Wer Amerika rüsten will, braucht keinen Raketenstart – sondern einen Platz am Kabinettstisch.
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