500 Milliarden für Straßen, Schienen und Stromnetze
Deutschland steht vor einem der größten Investitionsprogramme der Nachkriegsgeschichte. Bund, Länder und Kommunen wollen in den kommenden Jahren insgesamt eine halbe Billion Euro in Infrastrukturprojekte stecken. Dazu gehören der Ausbau und die Digitalisierung des Bahnnetzes, die Modernisierung der Verwaltung und massive Investitionen in die Energiewende.
Schon jetzt haben Banken und Investoren das Thema für sich entdeckt. Die Bank of America (BofA) sieht eine seltene Gelegenheit: In einem eigens geschnürten Aktienkorb listet sie Unternehmen auf, die nach ihrer Einschätzung den größten Schub aus den staatlichen Milliardenprogrammen ziehen können.
Siemens, Heidelberg Materials, Daimler Truck im Fokus
Angeführt wird die Liste von Siemens mit einem Gewicht von 10,3 Prozent. Der Industriekonzern ist gleich doppelt positioniert: als Technologielieferant für den Schienenverkehr und über seine Energietechniksparte Siemens Energy. Mit 8,8 Prozent ist Heidelberg Materials prominent vertreten – ein Unternehmen, dessen Zement und Baustoffe beim Ausbau von Straßen und Windparks unverzichtbar sind.
Auch Daimler Truck, Nordex und Thyssen-Krupp finden sich in der Auswahl. Dazu kommen internationale Größen wie Eiffage aus Frankreich, Holcim aus der Schweiz oder SSAB aus Schweden. Selbst spezialisierte Nischenplayer wie Kion (Gabelstapler) oder Bilfinger (Industriedienstleistungen) stehen auf der Liste.
Kurse schon stark gestiegen – sind die Erwartungen überzogen?
Ein Blick auf die Performance zeigt: Der Markt hat die Hoffnungen längst eingepreist. Seit Jahresbeginn haben die Aktien aus dem BofA-Korb im Schnitt 47 Prozent zugelegt. Zum Vergleich: Ein Infrastrukturkorb der UBS brachte es nur auf 28 Prozent.

Besonders stark stieg Eiffage mit plus 50 Prozent. Auch Heidelberg Materials legte mehr als zwei Drittel zu. Siemens verzeichnete ein Plus von rund 25 Prozent. Analysten sind sich uneins, ob die Rallye weitergeht. Während 20 von 25 Experten bei Siemens noch zum Kauf raten, mahnen Stimmen von der Deutschen Bank zur Vorsicht: Der Dax-Konzern notiere bereits nahe seinem fairen Wert.
Erste Aufträge wohl ab Jahresende
Bank of America hält dagegen und verweist auf den zeitlichen Faktor: „Die Investitionen fließen früher, und das Volumen ist größer als von vielen Investoren erwartet“, sagt Matthias Klein, BofA-Vertriebschef für EMEA. Erste konkrete Aufträge erwartet er gegen Ende 2025 – ein Zeitpunkt, der dem Markt noch einmal einen Schub geben könnte.

Auch andere Investoren zeigen sich optimistisch, verweisen aber auf Risiken. „Das deutsche Fiskalpaket ist ein wichtiges Signal“, sagt Oliver Schneider vom US-Vermögensverwalter Wellington. „Aber man sollte sich nicht nur darauf verlassen. Infrastruktur ist ein globales Investmentthema.“
Energiehunger durch KI als zusätzlicher Treiber
Neben staatlichen Programmen sieht Schneider einen zweiten Megatrend: Künstliche Intelligenz. Die Rechenzentren, die KI antreiben, verschlingen enorme Mengen Strom. Das dürfte die Nachfrage nach moderner Energieinfrastruktur und Baustoffen auf Jahre hinaus anheizen.
Für Anleger bedeutet das: Nicht nur europäische Titel sind interessant. Auch US-amerikanische und asiatische Anbieter könnten überproportional profitieren.
Investmentchance mit Unsicherheiten
Die große Frage bleibt: Wie viel ist bereits im Kurs enthalten? Klar ist, dass der Markt die Ankündigungen gefeiert hat. Unklar ist dagegen, wann und in welchem Umfang die Milliarden tatsächlich verbaut werden. Politische Verzögerungen, Kostensteigerungen oder bürokratische Blockaden könnten die Umsetzung bremsen.
Die BofA bleibt dennoch zuversichtlich und setzt mit ihrem Aktienkorb ein Signal: Infrastruktur ist nicht nur ein Konjunkturprogramm für die deutsche Wirtschaft – es ist ein globales Wachstumsfeld, das Anleger über Jahre begleiten könnte.
Das könnte Sie auch interessieren:
