17. Juli, 2025

Aufrüstung als Kurstreiber: Steyr Motors greift nach der Rüstungs-Renaissance

Der Dieselmotor-Spezialist sichert sich neue Millionenaufträge, liefert für Elitetruppen wie das KSK – und erwartet den höchsten Auftragsbestand der Firmengeschichte. Die Aktie schießt hoch. Doch wer genau hinsieht, erkennt: Hinter dem Kurssprung liegt mehr als nur militärische Nachfrage.

Aufrüstung als Kurstreiber: Steyr Motors greift nach der Rüstungs-Renaissance
Der Steyr M16 Motor: Kompakt, robust, modular – und künftig Standardantrieb in zahlreichen NATO-Fahrzeugen.

Lieferant für Europas Spezialeinheiten

Steyr Motors ist zurück auf dem Radarschirm. Der österreichische Hersteller robuster Dieselaggregate, lange Zeit ein eher unauffälliger Zulieferer im Verteidigungsbereich, katapultiert sich mit einer Reihe neuer Großaufträge ins Rampenlicht.

Quelle: Eulerpool

Konkret geht es um eine massive Ausweitung der Zusammenarbeit mit dem niederländischen Militärfahrzeugbauer Defenture, der die hochmobilen Geländewagen für Spezialkräfte baut – unter anderem für das deutsche KSK, das österreichische Jagdkommando und polnische Spezialeinheiten.

Herzstück dieser Kooperation: der Steyr M16 Dieselmotor. Eine robuste Antriebseinheit, speziell angepasst an die Anforderungen hochmobiler, geländegängiger Kommandofahrzeuge. Für die KSK-Fahrzeuge laufen aktuell bereits Prototypentests. Die neuen Aufträge erstrecken sich über mehrere Jahre – und mehrere Millionen Euro.

Rüstungsboom füllt Auftragsbücher

Der Zeitpunkt der Meldung ist kein Zufall. Inmitten einer europäischen Rüstungswelle – ausgelöst durch den Ukraine-Krieg und die NATO-Zielvorgaben – werden Motorenhersteller zu Engpass-Playern.

Quelle: Eulerpool

Insbesondere im Bereich modularer Spezialantriebe für leicht gepanzerte Fahrzeuge ist die Auswahl begrenzt. Steyr hat diese Nische erkannt – und beliefert nun mehrere europäische Verteidigungsprogramme parallel.

Bis 2027 sollen die neuen Aufträge in Serie laufen. Bereits jetzt erwartet das Unternehmen einen Rekordauftragsbestand, wie er in der Firmengeschichte noch nie erreicht wurde. Konkrete Zahlen werden mit den Halbjahreszahlen am 31. Juli veröffentlicht – doch die Richtung ist klar: Steyr Motors rüstet auf. Nicht nur in der Werkshalle, sondern auch bilanziell.

Rendite statt Ruhm: Neue Zielmarken für 2025

Noch beeindruckender als das Auftragspolster sind die Prognosen:

  • +40 % Umsatzwachstum für das laufende Jahr
  • eine EBIT-Marge von über 20 %
  • 1.250 ausgelieferte Einheiten – mehr als doppelt so viele wie im Vorjahr

Und das alles bei einem Unternehmen, dessen Aktie noch vor einem Jahr bei 14 Euro dümpelte – und das in den vergangenen zwölf Monaten ebenso durch Übernahmespekulationen wie durch operative Erfolge für Aufmerksamkeit sorgte.

Die Aktie ist volatil, keine Frage. Aber sie ist auch wieder werthaltig. Die Investmentgesellschaft Mutares, die 2023 eingestiegen war, hat nicht nur Kapital, sondern auch Markt diszipliniert.

Quelle: Eulerpool

KSK als Referenz, Leopard als Fantasie

Brancheninsider sehen die laufenden Tests für das Kommando Spezialkräfte als Blaupause für Folgeaufträge. Denn: Deutschland plant die Beschaffung von 1.000 Leopard-Panzern und 2.500 neuen geschützten Fahrzeugen.

Steyr Motors könnte bei den logistischen Zulieferfahrzeugen erneut zum Zug kommen. Noch sind es Andeutungen – aber das Unternehmen spricht bereits von „laufenden Gesprächen“ mit bestehenden Kunden über zusätzliche Großaufträge.

Mit anderen Worten: Der aktuelle Auftrag ist nur die Spitze des Eisbergs. Die eigentliche Fantasie liegt in der Rolle als Systemlieferant für einen Aufrüstungszyklus, der sich über Jahre erstrecken dürfte. Und das in einem Europa, das verteidigungspolitisch aufgewacht ist.

Quelle: Eulerpool

Rückblick: Vom Pennystock zum Rüstungsprofiteur

Ein Blick auf den Chart macht deutlich, was Investoren in den vergangenen Monaten durchgemacht haben.

Das 52-Wochen-Tief: 14,20 Euro. Das Hoch: satte 390 Euro. Dazwischen: ein Kursfeuerwerk, getrieben von Übernahmefantasien, Short-Squeezes und der Hoffnung auf einen profitablen Turnaround. Inzwischen hat sich der Kurs bei 61,20 Euro stabilisiert – plus 330 % gegenüber dem Tief. Und das mit zunehmender Substanz.

Früher ein Zulieferer im Schatten, ist Steyr Motors inzwischen ein ernstzunehmender Akteur in Europas Rüstungsindustrie. Die Transformation kommt spät – aber sie kommt mit Wucht. Der Markt hat das erkannt. Die Politik auch.

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