Ein Deal, der alles verändert
Die Nachricht kam überraschend – und sie hat das Potenzial, das Kräfteverhältnis in der Chipindustrie zu verschieben: OpenAI hat einen milliardenschweren Fünfjahresvertrag mit AMD abgeschlossen.
Der ChatGPT-Entwickler will künftig sechs Gigawatt Rechenleistung vom Nvidia-Rivalen beziehen und bekommt gleichzeitig die Möglichkeit, bis zu zehn Prozent der AMD-Aktien zu erwerben.
Für AMD-Chefin Lisa Su ist der Auftrag ein strategischer Befreiungsschlag. „Wir stehen damit im Zentrum des globalen KI-Ausbaus“, sagte sie bei einer Präsentation für Investoren. Die Botschaft ist klar: AMD will nicht länger zweite Geige spielen, sondern selbst eine Schlüsselrolle im KI-Zeitalter übernehmen.
Nvidias Vormachtstellung wankt
Bisher war Nvidia in der Welt der KI-Prozessoren konkurrenzlos. Mit einem Marktanteil von über 80 Prozent, einer dominanten Softwareplattform und einem Jahresumsatz von fast 50 Milliarden Dollar schien der Branchenprimus unerreichbar. Doch der Deal mit OpenAI zeigt, dass sich etwas verändert.
Noch vor wenigen Wochen hatten OpenAI und Nvidia selbst eine Partnerschaft angekündigt: 100 Milliarden Dollar wollen sie gemeinsam in KI-Rechenzentren investieren. Dass OpenAI nun parallel eine langfristige Zusammenarbeit mit AMD eingeht, ist ein deutliches Signal – nicht nur an Nvidia, sondern an die gesamte Branche.

Die Börse reagierte prompt: AMD-Aktien schossen nach der Ankündigung um mehr als 30 Prozent nach oben, während Nvidia leicht verlor. Für viele Investoren ist klar: Das Spiel um die Vorherrschaft bei KI-Chips ist wieder offen.
Der Kampf um Rechenleistung
Die Nachfrage nach leistungsstarken Chips wächst rasant. Große Sprachmodelle, Bildgeneratoren oder KI-gestützte Anwendungen verschlingen enorme Mengen an Rechenleistung – und die ist inzwischen knapp geworden.
OpenAI will mit der neuen Generation von AMD-Prozessoren („MI450“) vor allem eines erreichen: mehr Unabhängigkeit. Der Aufbau neuer Rechenzentren, etwa im Rahmen des US-Großprojekts „Stargate“, ist für das Unternehmen entscheidend, um weiter wachsen zu können. „Diese Partnerschaft ist ein wichtiger Schritt, um das volle Potenzial der KI zu entfalten“, sagte OpenAI-Chef Sam Altman.
Dass sich OpenAI zusätzlich die Option auf bis zu 160 Millionen AMD-Aktien gesichert hat – zum symbolischen Preis von 0,01 Dollar pro Stück, allerdings an Bedingungen geknüpft –, zeigt, wie langfristig die Partnerschaft angelegt ist.

Erste Risse im Monopol
Fachleute sehen in der Zusammenarbeit ein Zeichen für einen tiefgreifenden Wandel. „Viele Unternehmen suchen nach Wegen, ihre Abhängigkeit von einem einzelnen Anbieter zu reduzieren“, sagt Tanjeff Schadt von der Beratung Strategy&. Die Allianz zwischen OpenAI und AMD sei Ausdruck einer neuen Art strategischer Partnerschaften, die weit über klassische Lieferverträge hinausgingen.
Auch Martin Geißler von Advyce sieht einen Paradigmenwechsel: „In den USA entsteht ein Industriekonglomerat, in dessen Zentrum OpenAI steht. Wer den Zugang zu den Endkunden kontrolliert, gewinnt an Einfluss – und genau das verschiebt sich gerade.“
Noch kann AMD Nvidia nicht vollständig ersetzen, vor allem wegen der dominanten „Cuda“-Software. Doch die Abhängigkeit bröckelt. OpenAI ist nicht mehr allein auf Nvidia angewiesen – und genau das verändert die Machtverhältnisse.
Milliardenmarkt mit neuem Spielplan
Für AMD könnte der Deal eine Zeitenwende einleiten. Der Konzern rechnet mit Zusatzerlösen im zweistelligen Milliardenbereich und erwartet durch die wachsende KI-Nachfrage insgesamt ein Zusatzgeschäft von mehr als 100 Milliarden Dollar in den kommenden Jahren.
Das Beispiel dürfte Schule machen. Auch Cloud-Riesen wie Amazon, Microsoft oder Google arbeiten an Strategien, um sich von Nvidia unabhängiger zu machen – sei es durch Eigenentwicklungen oder neue Partnerschaften mit anderen Herstellern.
Ein Wettlauf, der gerade erst beginnt
Noch ist Nvidia Branchenführer – und wird es wohl auch bleiben, solange sein Software-Ökosystem unerreicht bleibt. Doch der Deal zwischen AMD und OpenAI zeigt: Der Wettbewerb ist zurück. Die bisher fast monopolartige Struktur des KI-Chipmarkts beginnt sich aufzulösen.
Für OpenAI bedeutet das mehr Spielraum, für AMD eine historische Chance – und für Nvidia einen Weckruf. Die Zukunft der Künstlichen Intelligenz wird nicht mehr allein in Santa Clara entschieden.
