01. September, 2025

KI

Amazon verliert im KI-Wettrennen den Anschluss

Ein internes Dokument offenbart: Amazons starres Vergütungsmodell, schwache Position im KI-Markt und strikte Büroregeln erschweren die Anwerbung von Spitzenkräften – während Meta, Google und OpenAI aggressiv expandieren.

Amazon verliert im KI-Wettrennen den Anschluss
Vergütung unter Konkurrenzniveau: Amazons starres Gehaltsmodell schreckt KI-Spezialisten ab – Meta und Microsoft zahlen teils Millionenpakete, während Amazon auf nachgelagerte Aktien setzt.

Rückstand bei KI-Talenten

Während die Konkurrenz Milliarden in den Kampf um Fachkräfte steckt, bleibt Amazon vergleichsweise blass. Laut einem internen Dokument, das Business Insider vorliegt, nennt der Konzern selbst „Vergütung, Standortpolitik und Amazons wahrgenommenen Rückstand im KI-Bereich“ als größte Hürden bei Neueinstellungen.

Meta hat in den vergangenen Monaten mehr als 50 hochrangige KI-Forscher von OpenAI, Apple und Scale AI abgeworben – Amazon wird in solchen Personaldeals kaum erwähnt.

Vergütung unter Marktniveau

Das Dokument weist auf Amazons striktes Gehaltsmodell hin. Jeder Job ist klaren Gehaltsbändern zugeordnet, Spielräume nach oben fehlen. Laut Recruitern liegen die Angebote deshalb oft deutlich unterhalb der Pakete von Meta oder Microsoft. Hinzu kommt, dass Amazons Vergütung stark auf langfristige Aktienoptionen setzt.

Talente wandern ab: Laut SignalFire rangiert Amazon bei der Mitarbeiterbindung im unteren Drittel, weit hinter OpenAI, Meta und Anthropic.

Neue Mitarbeiter erhalten häufig nur geringe Grundgehälter, während große Teile der Vergütung erst nach drei bis vier Jahren in Form von Aktien fällig werden. Diese Praxis schreckt Kandidaten ab, die sofortige finanzielle Anreize erwarten.

Ein Beispiel: Bereits 2020 verließ Robotics-Vizepräsident Brad Porter das Unternehmen, weil Amazon eine Anpassung seines Gehaltsbands ablehnte. Seitdem hat sich an der Grundstruktur wenig geändert.

Strikte Rückkehrregeln belasten

Zusätzlich erschwert Amazons Rückkehrpflicht ins Büro die Rekrutierung. Seit 2023 gilt die „Hub“-Strategie: Beschäftigte müssen in eines der zentralen Büros ziehen oder riskieren die Kündigung.

Diese Politik reduziert den Kreis der Bewerber erheblich. Interne HR-Analysen bestätigen: Gerade im Bereich Generative AI sind Kandidaten zunehmend bereit, schlechter bezahlte Angebote anzunehmen, wenn sie dafür Remote arbeiten können.

Die Konkurrenz nutzt diesen Hebel. Laut Bloomberg hat Oracle allein in den vergangenen zwei Jahren über 600 Mitarbeiter von Amazon abgeworben – nicht zuletzt wegen flexiblerer Arbeitsmodelle.

Quelle: Eulerpool

Geringe Bindungsrate

Eine Auswertung der Risikokapitalfirma SignalFire zeigt, dass Amazon bei der Bindung von Ingenieuren im unteren Drittel rangiert – weit hinter Meta, OpenAI oder Anthropic.

Während Meta in den letzten zwölf Monaten seine KI-Belegschaft deutlich aufstockte, verlor Amazon mehrere Führungskräfte. Dazu zählen Chipentwickler Rami Sinno und Vasi Philomin, Vizepräsident für KI-Services bei AWS.

Fehlende Blockbuster-Produkte

Auch auf Produktebene hinkt Amazon hinterher. Weder AWS Bedrock, das generative KI über die Cloud bereitstellt, noch Alexa-Updates konnten bisher mit dem Markterfolg von ChatGPT oder Claude mithalten. Während OpenAI, Google und Microsoft regelmäßig neue Modelle vorstellen, fehlt bei Amazon bislang ein Durchbruch.

Zweifel am Markt

Die Unsicherheit zeigt sich auch am Kapitalmarkt. In der Bilanzpressekonferenz im Juli fragte Morgan-Stanley-Analyst Brian Nowak, ob AWS Gefahr laufe, bei KI ins Hintertreffen zu geraten. Die Antwort von CEO Andy Jassy blieb vage, der Aktienkurs gab daraufhin am selben Tag nach.

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