Ein Quartal wie aus dem Lehrbuch – fast
Alphabet hat im zweiten Quartal 2025 geliefert. Umsatz? Deutlich über Erwartung. Gewinn? Kräftig gestiegen. Wachstumstreiber? Die üblichen Verdächtigen – Cloud, Suche, YouTube.
Mit 96,4 Milliarden Dollar Umsatz und einem Gewinn je Aktie von 2,31 Dollar übertrifft der Tech-Konzern nahezu alle Prognosen. Anleger atmen durch, der Kurs dreht nach anfänglichem Zögern ins Plus.
Doch der eigentliche Spannungsbogen liegt nicht in der Rückschau. Sondern im Ausblick. Denn Alphabet erhöht seine Investitionen drastisch – auf nun 85 Milliarden Dollar. Der Grund: künstliche Intelligenz. Und die Frage ist nicht, ob sich das rechnet, sondern wann – und für wen.
Cloud, Suche, YouTube: Alphabet läuft auf allen Kanälen
Die Fundamentaldaten lesen sich wie ein Handbuch für Tech-Erfolg:
- Die klassische Suchmaschinenwerbung bleibt das Rückgrat und erzielt mit über 54 Milliarden Dollar erneut Rekordwerte.
- YouTube-Werbung legt zweistellig zu – 9,8 Milliarden Dollar, mehr als jeder Analyst erwartet hatte.
- Und dann ist da noch das Cloud-Geschäft: Mit einem Umsatzplus von 31 Prozent auf 13,6 Milliarden Dollar bleibt die Google Cloud klar auf Wachstumskurs.
Einziger Ausreißer bleibt die Sparte „Other Bets“, in der Projekte wie Waymo oder Verily gebündelt sind. Dort verzeichnet Alphabet einen operativen Verlust von 1,25 Milliarden Dollar. Es ist der Preis für Visionen – und für die Option, irgendwann noch einmal ganz woanders zu punkten.
KI wird zur Investitionsbombe
Der eigentliche Gamechanger liegt aber anderswo: Alphabet kündigt an, seine Investitionen um weitere zehn Milliarden Dollar zu erhöhen – auf 85 Milliarden. Das meiste davon fließt in Rechenzentren, Chips, KI-Modelle und Infrastruktur. Sundar Pichai nennt es notwendig, um „die nächste Welle von Innovationen zu reiten“. Doch die Welle hat ihren Preis – und der ist hoch.
Mit Gemini, dem hauseigenen KI-Modell, und dem neuen Suchdienst AI Overviews, der bereits zwei Milliarden monatliche Nutzer zählt, will Google nichts weniger als das Web neu definieren. Doch ob diese Strategie mittelfristig monetarisiert werden kann, ist offen.
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Die Nutzerzahlen sind da. Aber der Kapitalbedarf auch. Alphabet spielt nicht KI, Alphabet baut KI – und zwar auf Plattformniveau. Ob dieser Umbau auch finanziell aufgeht, ist die offene Frage. Und Investoren wissen: Plattformen sind teuer – bevor sie groß sind.
Zwischen Triumph und Zweifel
Der Aktienkurs reagierte zunächst verhalten. Ein Plus von 1,4 Prozent ist angesichts der Zahlen zwar solide, aber nicht euphorisch. Der Grund: Die KI-Offensive ist ein Versprechen. Kein Beweis.
Denn so stark die Zahlen aus Suche, Video und Cloud auch sind – sie gehören zum Alphabet von heute. Die 85 Milliarden Dollar gehören dem Alphabet von morgen. Und dieses Morgen ist ambitioniert, teuer und voller Unsicherheiten. Die Konkurrenz – allen voran Microsoft mit OpenAI – schläft nicht. Wer hier führen will, darf nicht nur investieren. Er muss auch treffen.
Ein Konzern unter Strom
Alphabet steht an einem Wendepunkt: Die klassische Werbemaschine funktioniert besser denn je. Doch der Konzern will mehr – er will die Zukunft gestalten. Und diese Zukunft kostet. Die Quartalszahlen sind ein Erfolg. Die Investitionen sind ein Risiko. Der Konzern wächst. Aber ob er mit KI auch verdient, wird erst das nächste Kapitel zeigen.
Die Anleger sehen das gespalten. Noch. Denn eines ist klar: Alphabet liefert – aber es liefert sich auch aus. An ein Spiel, dessen Regeln sich gerade erst formieren.
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