Starke Zahlen, verhaltene Töne
AstraZeneca hat im zweiten Quartal geliefert – aber die Euphorie bleibt aus. Der Konzern wächst mit zweistelligen Raten, doch das Management bleibt beim Ausblick konservativ. Kein neues Hochjubeln, keine angehobene Prognose. Die Anleger? Belohnten das Zahlenwerk dennoch mit einem kleinen Kursplus.
Krebs, Herz, Niere – die Wachstumstreiber
Getragen wurde das solide Quartal von den bekannten Therapiesäulen des Konzerns. Krebsmedikamente wie „Tagrisso“ oder „Imfinzi“ sowie Mittel gegen chronische Nieren- und Herzkrankheiten waren erneut die Umsatzbringer.
Der Konzernumsatz kletterte im Jahresvergleich um 12 % auf 14,46 Milliarden Dollar – Analysten hatten mit weniger gerechnet.
Prognose bleibt: Warum zögert das Management?
Trotz der erfreulichen Zahlen bleibt AstraZeneca bei seiner bisherigen Prognose. Der bereinigte Gewinn je Aktie soll 2024 nur im niedrigen zweistelligen Prozentbereich zulegen, beim Umsatz rechnet man mit einem Plus im hohen einstelligen Bereich.
Auf Nachfrage verwies das Management auf anhaltenden Preisdruck – insbesondere in den USA – sowie geopolitische Risiken und mögliche Handelsbarrieren.
Expansionskurs trotz Handelsunsicherheit
Diese Risiken hindern AstraZeneca jedoch nicht daran, langfristig groß zu denken: Erst vergangene Woche kündigte der Konzern an, bis 2030 rund 50 Milliarden Dollar in den Ausbau von Forschung und Produktion in den USA zu investieren.
Der Schritt ist nicht nur wirtschaftlich motiviert, sondern auch eine strategische Reaktion auf den zunehmenden politischen Druck in den USA, Arzneimittel stärker lokal zu produzieren.
Zukunftsversprechen: 20 neue Medikamente
Der Konzern peilt langfristig einen Jahresumsatz von 80 Milliarden Dollar an – eine fast 60-prozentige Steigerung gegenüber dem heutigen Niveau. Gelingen soll das durch die Markteinführung von 20 neuen Medikamenten in den nächsten Jahren.
Darunter befinden sich mehrere Wirkstoffe in späten Studienphasen gegen seltene Krebsarten, Atemwegserkrankungen und Autoimmunerkrankungen.
China bleibt Wackelfaktor
Ein Unsicherheitsfaktor bleibt China – nach den USA der zweitwichtigste Markt für AstraZeneca. Das Unternehmen sieht die Auswirkungen behördlicher Untersuchungen dort zwar als gering an, doch Marktbeobachter bleiben skeptisch: Lokale Wettbewerber drängen mit günstigeren Nachahmerpräparaten auf den Markt, gleichzeitig intensivieren die Behörden ihre Preisverhandlungen mit ausländischen Herstellern.
Zwischen Anspruch und Realität
Mit einem Umsatzplus von 11 % (währungsbereinigt) und einem bereinigten Gewinn von 2,17 Dollar je Aktie hat AstraZeneca die Markterwartungen leicht übertroffen.
Doch die ehrgeizige Vision von 80 Milliarden Jahresumsatz wird nur erreichbar sein, wenn das Unternehmen nicht nur regulatorisch die Balance hält – sondern auch klinisch liefert. Denn gerade im Biotech- und Pharmasektor kann ein gescheitertes Studiendesign oder eine verschobene Zulassung Milliarden kosten.
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