Geldfluss ohne Substanz
Die Visitenkarte klang seriös, das Auftreten ebenso: Ein 60-jähriger Mann aus Hamburg-Uhlenhorst soll jahrelang als vermeintlicher Finanzmakler aufgetreten sein – freundlich, verbindlich, kompetent.
In Wahrheit verfügte er über keine Zulassung, kein geprüftes Produkt – und laut Polizei auch über kein echtes Interesse an Kapitalmärkten. Statt in Aktien, Fonds oder Start-ups zu investieren, soll der Mann das Geld seiner Kunden vor allem in den eigenen Lebensstil gesteckt haben.
Versprechen statt Produkte
Was er den Anlegern anbot, war weniger ein konkretes Investment – als vielmehr ein Versprechen: hohe Renditen, wenig Risiko, jederzeit liquide. So überzeugte er Dutzende Anleger, ihm bis September 2024 rund 4,8 Millionen Euro zu überweisen.
Und auch nach einer ersten Durchsuchung seiner Wohnsitze in Hamburg und Rheinland-Pfalz setzte der 60-Jährige seine Aktivitäten unbeirrt fort – und richtete weitere 3,8 Millionen Euro Schaden an. Gesamtsumme laut Polizei: 8,6 Millionen Euro.
Das Prinzip: Schneeball
Das Modell, das die Ermittler jetzt rekonstruieren, wirkt wie ein klassisches Ponzi-Schema: Neue Anleger finanzieren mit ihrem Kapital die vermeintlichen Auszahlungen an frühere Anleger.
Solange der Zustrom nicht versiegt, bleibt der Betrug unentdeckt. Wird der Kreislauf unterbrochen, bricht alles zusammen. Wie lange genau das System des Hamburger Täters lief, ist noch Gegenstand der Ermittlungen.

Keine Lizenz, keine Kontrolle
Besonders brisant: Der Mann war nie registrierter Finanzdienstleister. Er hatte keine Erlaubnis, Geldanlagen zu vermitteln oder Kundengelder entgegenzunehmen.
Dennoch gelang es ihm offenbar über Jahre, glaubwürdig als vermeintlicher Profi aufzutreten. Ein strukturelles Versagen? Nicht zwangsläufig – aber ein deutlicher Hinweis darauf, wie leicht Vertrauen erzeugt werden kann, wenn Kontrolle fehlt und Fragen ausbleiben.
Digitale Spurensuche läuft
Bei der Festnahme vor einer Woche wurden erneut Wohnungen durchsucht, digitale Geräte beschlagnahmt. Jetzt werten LKA und Staatsanwaltschaft Hamburg die Daten aus.
Erst danach wird über eine Anklage entschieden. Wie viele Geschädigte es genau gibt, ist noch unklar – ebenso, ob sich alle Betroffenen überhaupt bei der Polizei gemeldet haben.
Warnung von der Bafin
Der Fall hat eine überregionale Dimension: Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) warnt regelmäßig vor betrügerischen Finanzangeboten – ob im Netz, über Social Media oder im direkten Gespräch. Besonders häufig: Festgeldbetrug über Fake-Konten und Investmentplattformen, auf denen es angeblich immer nur aufwärts geht. Doch Auszahlung? Fehlanzeige.
Checkliste für den Ernstfall
Die Bafin gibt klare Hinweise, woran dubiose Anbieter zu erkennen sind:
– Ungebetene Anrufe oder WhatsApp-Nachrichten
– Produkte mit „garantierten“ Traumrenditen
– Kein Impressum, keine Adresse, keine Geschäftsgrundlage
– Zeitdruck, Bonusversprechen, angebliche Exklusivität
– Geld soll an Dritte oder ins Ausland überwiesen werden
Jens Münzer von der Bafin formuliert es deutlich: „Wenn es keine konkrete, überprüfbare Grundlage für eine Anlage gibt, sollten alle Alarmglocken schrillen – egal wie sympathisch das Gegenüber wirkt.“
Vertrauen ist keine Kompetenz
Der Hamburger Fall zeigt eindrücklich, wie sehr persönliche Nähe, Fachjargon und der richtige Ton reichen können, um Menschen zu täuschen. Der vermeintliche Finanzmakler gab sich als Kenner, sprach über Trends, Märkte, Strategien – doch am Ende war es ein System, das nur eines sicherte: seinen eigenen Lebensunterhalt.
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