Rechtsruck mit Ansage
Die Zahlen sind eindeutig – und sie dürften Brüssel nervös machen: George Simion, ein erklärter Feind der EU und Bewunderer Donald Trumps, hat mit rund 40 Prozent die erste Runde der rumänischen Präsidentschaftswahl deutlich gewonnen. Am 18. Mai könnte er im zweiten Wahlgang endgültig Staatsoberhaupt eines EU- und NATO-Mitglieds werden.
Simions Botschaft ist klar: Schluss mit Unterstützung für die Ukraine, Schluss mit liberaler Demokratie, Schluss mit Brüssel. In seinem Wahlkampf versprach er, „Rumänien zuerst“ zu stellen – ganz im Stil des Trump’schen „America First“.
Der Wahlsieg wäre ein politisches Erdbeben. Und das nicht nur für Rumänien.
Ein Nationalist mit digitaler Bühne
George Simion hat seine Wählerschaft nicht auf Marktplätzen gefunden – sondern auf TikTok, Telegram und Facebook. Insbesondere junge Rumänen im In- und Ausland haben seine nationalistischen Parolen geteilt, geliked, gelobt.
Mit dem Versprechen, sich weder Washington noch Brüssel zu beugen, trifft er einen Nerv in einem Land, das sich wirtschaftlich öffnet, aber kulturell zunehmend abschottet.
Simion ist Vorsitzender der rechtsradikalen Partei AUR („Allianz für die Vereinigung der Rumänen“), die bereits im Parlament sitzt und durch antieuropäische Rhetorik, homophobe Ausfälle und russlandfreundliche Positionen aufgefallen ist. Kritiker nennen ihn „Putins Plan B“.

Wahl unter Vorzeichen der Desinformation
Die aktuelle Wahl ist eine Wiederholung: Die ursprüngliche Abstimmung im November war wegen mutmaßlicher russischer Einflussnahme vom obersten Gericht annulliert worden – ein in der EU beispielloser Vorgang. Nun ersetzt Simion den gesperrten Calin Georgescu, ebenfalls pro-russisch, ebenfalls rechts außen.
Der Verdacht: Russische Netzwerke sollen im Herbst massiv auf TikTok und anderen Plattformen Stimmung gegen die liberale Regierung gemacht haben.
Auch im jetzigen Wahlkampf dominierten Desinformationsnarrative – von angeblichem Wahlbetrug bis zu Verschwörungstheorien über die NATO.
Die rumänische Regierung und EU-Vertreter betonen zwar, die Wahl sei diesmal korrekt verlaufen. Doch das Vertrauen in den demokratischen Prozess ist beschädigt – und genau das spielt Simion in die Hände.
Gegenkandidat mit schwachen Karten
Mit Nicușor Dan steht Simion in der Stichwahl ein parteiloser, liberal-konservativer Technokrat gegenüber. Der Bürgermeister von Bukarest gilt als integer, aber blass.
Er erhielt in der ersten Runde nur knapp 21 Prozent der Stimmen – dicht gefolgt vom sozialdemokratischen Ex-Präsidenten Crin Antonescu, der mittlerweile zurückzog.
Für Dan wird es schwer, Simions Mobilisierungsapparat etwas entgegenzusetzen. Der AUR-Chef hat den Straßenkampf perfektioniert – sein Wahlkampf wirkte oft mehr wie ein digitaler Aufstand gegen das politische Establishment.
Die EU steht ratlos daneben
In Brüssel herrscht Alarmstimmung – aber auch Ratlosigkeit. Ein Sieg Simions wäre das erste Mal, dass ein Mitgliedstaat der Europäischen Union einen dezidiert EU-feindlichen Präsidenten bekommt, der sich offen gegen Waffenlieferungen an die Ukraine ausspricht und gleichzeitig das westliche Bündnismodell infrage stellt.
Bisherige Reaktionen der EU blieben vorsichtig. Man wolle „die demokratische Entscheidung respektieren“, heißt es. Doch hinter den Kulissen wächst die Sorge: Ein pro-russischer Kurs Rumäniens könnte die Südostflanke der EU und NATO destabilisieren – strategisch, wirtschaftlich und symbolisch.
Außenpolitisches Gewicht
Zwar ist das Präsidentenamt in Rumänien vor allem repräsentativ. Doch in der Außenpolitik hat der Staatschef realen Einfluss – etwa bei der Benennung des Premierministers, bei Vetos gegen Gesetze oder in sicherheitspolitischen Fragen.
Simions ablehnende Haltung zur Ukraine und seine Nähe zu Moskau könnten deshalb mehr als Symbolik sein. Im schlimmsten Fall droht eine politische Blockade zwischen Regierung und Präsidialamt – oder eine Neuausrichtung Rumäniens auf Kosten westlicher Allianzen.
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