04. Juni, 2025

Reichtum

2,7 Millionen Euro mit dem Taschengeld-Trick?

Immer mehr Anbieter wie Trade Republic oder Scalable Capital drängen mit Kinderdepots auf den Markt. Sie werben mit dem Zinseszinseffekt und digitalen Lösungen. Doch wie lukrativ ist das wirklich – und was sollten Eltern beachten?

2,7 Millionen Euro mit dem Taschengeld-Trick?
Laut Berechnungen kann ein monatlicher ETF-Sparplan von 100 € ab Geburt bis ins hohe Alter theoretisch 2,7 Millionen Euro bringen. Doch die Annahme basiert auf historischen Durchschnittsrenditen – Garantien gibt es keine.

Es klingt wie ein Versprechen aus der Zukunft: Wer für sein Kind ab Geburt monatlich 100 Euro investiert, könnte ihm mit 67 ein Vermögen von 2,7 Millionen Euro übergeben – dank des Zinseszinseffekts.

Möglich machen soll das unter anderem der neue ETF-Sparplan für Kinder von Trade Republic, der seit Mai 2025 am Markt ist.

Neuer Wettbewerb um den Nachwuchs

Trade Republic positioniert sich damit vor dem Konkurrenten Scalable Capital, der lediglich eine Warteliste für sein eigenes Kinderdepot eröffnet hat. Laut Angaben von Trade Republic ist das Depot vollständig digital und in wenigen Minuten über die App eingerichtet.

Voraussetzung: Beide Elternteile müssen bereits ein Depot bei dem Neobroker besitzen. Für Alleinerziehende ist die Eröffnung allein möglich, ansonsten wird der zweite Elternteil per Link zur Bestätigung eingeladen. Die Legitimation erfolgt über ein Video-Ident-Verfahren. Die Geburtsurkunde des Kindes kann digital hochgeladen werden.

Zum Start bietet Trade Republic ETF-Sparpläne ab einem Euro monatlich an. Die Ausführung ist kostenlos. Zusätzlich wird die Verwaltungsgebühr (0,22 Prozent p. a.) für drei ausgewählte Vanguard-ETFs übernommen und dem Kinderdepot wieder gutgeschrieben – ein Modell, das das Unternehmen als „Kindergeld“ bezeichnet.

Renditeerwartung: 8,36 Prozent im Schnitt seit 1993

Basis vieler Rechenbeispiele ist der Vanguard FTSE All-World ETF, der Aktien aus Industrie- und Schwellenländern bündelt. Historisch betrachtet, erzielte der Index zwischen 1993 und 2024 eine durchschnittliche jährliche Rendite von 8,36 Prozent.

Eltern können eine Nichtveranlagungsbescheinigung einreichen, damit keine Steuern abgeführt werden. Aber: Wird das Kind zu vermögend, kann es die kostenlose Familienversicherung oder spätere Förderungen wie BAföG kosten.

Rechnet man mit dieser Zahl und geht von einer konstanten Sparrate von 100 Euro über 18 Jahre aus, ergibt sich bei einer Einzahlung von insgesamt 21.600 Euro ein Endbetrag von rund 48.650 Euro. Bleibt dieser Betrag weitere 50 Jahre investiert, wären es bei gleicher Rendite rechnerisch über 2,7 Millionen Euro.

Steuervorteile für Kinder – aber Grenzen bei BAföG und Krankenkasse

Kinder profitieren wie Erwachsene vom jährlichen Sparerpauschbetrag von 1.000 Euro. Zusätzlich gilt ein Grundfreibetrag von 12.096 Euro. Das heißt: Kapitalerträge bleiben steuerfrei, solange sie unter dieser Schwelle bleiben.

Eltern können zudem eine Nichtveranlagungsbescheinigung einreichen, sodass die Bank keine Abgeltungsteuer einbehält. Diese gilt für drei Jahre.

Allerdings kann ein zu hohes Einkommen aus Kapitalerträgen den Anspruch auf kostenlose Familienversicherung gefährden.

Die Grenze liegt hier bei jährlich 7.420 Euro, was einer monatlichen Kapitalrendite von 618 Euro entspricht. Das entspricht wiederum einem Depotwert von rund 250.000 Euro, bei einer angenommenen Rendite von drei Prozent.

Kostenlos ist nicht gleich besser

Ein Kostenvergleich zeigt: Nur wenige Anbieter bieten ETF-Sparpläne für Kinder vollständig kostenlos an.

Neben Trade Republic sind dies laut Erhebung von "Welt" nur Flatex (ab 25 Euro Sparrate) und die ING (ab 1 Euro). Andere Anbieter wie Comdirect, Consorsbank oder DKB verlangen Ausführungsgebühren zwischen 0,2 und 1,5 Prozent pro Transaktion.

Kinderdepots als Zukunftsmarkt

Laut Brancheninsidern rechnen Anbieter mit einem starken Wachstum. Trade Republic hat angekündigt, innerhalb von zwölf Monaten eine Million Kinderdepots aufbauen zu wollen. Auch Scalable Capital dürfte mit einer ähnlichen Größenordnung kalkulieren.

Ein Grund für den strategischen Vorstoß: Im Koalitionsvertrag der Ampelregierung ist eine sogenannte Frühstartrente vorgesehen. Kinder sollen zwischen dem 6. und 18. Lebensjahr monatlich zehn Euro vom Staat erhalten. Dieses staatlich geförderte Kapital könnte über die Kinderdepots angelegt werden. Eine entsprechende Gesetzesinitiative ist in Vorbereitung.

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