Unterstützung bröckelt spürbar
Die anfängliche Solidarität mit den Geflüchteten aus der Ukraine scheint zu schwinden. Laut einer Umfrage des Instituts Insa im Auftrag der Bild sind 66 Prozent der Deutschen dagegen, dass ukrainische Kriegsflüchtlinge Bürgergeld erhalten. Nur 17 Prozent befürworten die Zahlungen, sieben Prozent ist das Thema egal. Der Rest weiß es nicht oder wollte sich nicht äußern.
Zu Beginn des Krieges war die Hilfsbereitschaft groß. Heute überwiegt offenbar die Ernüchterung. Viele Geflüchtete leben seit über zwei Jahren in Deutschland, konnten aber bislang kaum in den Arbeitsmarkt integriert werden. Steigende Sozialausgaben und das Gefühl, dass das System überlastet ist, treiben die Debatte zusätzlich an.

Junge Männer kommen vermehrt nach Deutschland
Besonders im Fokus steht eine Entwicklung der vergangenen Wochen: Seit die Ukraine Ende August die Ausreise für Männer zwischen 18 und 22 Jahren erleichtert hat, ist die Zahl ihrer Schutzgesuche in Deutschland deutlich gestiegen. Das Bundesinnenministerium spricht von einem Zehnfachen – rund 1.000 pro Woche statt wie zuvor 100.
Viele der Neuankömmlinge bleiben zunächst in Aufnahmeeinrichtungen oder leben von Sozialleistungen. Die Bundesregierung steht unter Druck, Antworten auf die Frage zu finden, wie Integration funktionieren soll, wenn zugleich die Zahl der erwerbsfähigen Flüchtlinge steigt.
Mehrheit will Rückkehrpflicht für Wehrfähige
Auch zur Frage einer Rückkehrpflicht zeigt sich ein klares Bild: 62 Prozent der Befragten finden, dass wehrfähige Männer aus der Ukraine, die in Deutschland leben, in ihre Heimat zurückkehren sollten. Nur 18 Prozent sind dagegen.
Die Diskussion bekommt damit eine neue politische Dimension. Immer mehr Deutsche stellen die Frage, ob die humanitäre Hilfe an ihre Grenzen stößt – oder ob Deutschland Gefahr läuft, sich zu überfordern.
Regierung arbeitet an neuer Regelung
Arbeitsministerin Bärbel Bas hat inzwischen einen Gesetzentwurf angekündigt, der vorsieht, dass neu ankommende Ukrainer künftig keine Bürgergeldleistungen mehr erhalten, sondern unter das Asylbewerberleistungsgesetz fallen. Union und SPD hatten sich im Koalitionsvertrag bereits auf diese Änderung geeinigt – umgesetzt wurde sie bislang nicht.
Der CDU-Wirtschaftsrat fordert darüber hinaus eine grundsätzliche Kurskorrektur: Die „übermäßigen Erhöhungen der Grundsicherung“ der vergangenen Jahre müssten zurückgenommen werden, heißt es in einem Papier, über das die Augsburger Allgemeine berichtet.
Ein Wendepunkt in der Debatte
Die Umfrage ist mehr als eine Zahl. Sie zeigt, dass die Stimmung kippt – nicht aus blanker Ablehnung, sondern aus einem wachsenden Gefühl der Überforderung. Wenn Lebenshaltungskosten steigen und Sozialausgaben explodieren, wird Solidarität zur Frage des Maßes.
Die Bundesregierung steht damit vor einer heiklen Gratwanderung: Sie muss Hilfsbereitschaft und Gerechtigkeit neu austarieren, bevor aus Unmut offene Ablehnung wird.
