BMW aus South Carolina statt Made in Germany
Friedrich Merz will im transatlantischen Zollstreit die Nerven bewahren – und setzt auf eine buchhalterische Lösung.
Auf dem Familienunternehmertag in Berlin präsentierte der Kanzler am Freitag einen Vorschlag, der von BMW und Mercedes schon vor Monaten in den Raum gestellt wurde: Eine sogenannte „Offset-Regel“, bei der exportierte und importierte Autos verrechnet werden.
Was nach Technokraten-Jargon klingt, ist politisches Kalkül – und ein Versuch, die protektionistischen Drohgebärden Donald Trumps mit wirtschaftlicher Logik zu kontern.
Politik nach dem Taschenrechner
Die Rechnung, die Merz im Gepäck hatte, ist simpel: Jährlich exportieren deutsche Hersteller rund 400.000 Fahrzeuge aus Deutschland in die USA – und produzieren fast ebenso viele in amerikanischen Werken, vor allem in Spartanburg (BMW), Tuscaloosa (Mercedes) oder Chattanooga (Volkswagen), um sie von dort weiter in den Weltmarkt zu bringen.
Sein eigenes Dienstfahrzeug, ein in South Carolina gebauter BMW X3, reichte Merz als Symbol für die enge wirtschaftliche Verflechtung.
Trumps Zollrhetorik trifft auf deutschen Pragmatismus
Die Idee der Verrechnung klingt zunächst vernünftig – doch sie ignoriert, dass Trumps Zollpolitik nicht auf betriebswirtschaftlicher Logik, sondern auf nationalistischem Kalkül basiert.

Eine Offset-Regelung könnte zwar kurzfristig Druck aus dem Kessel nehmen, ändert aber nichts an der grundsätzlichen Schieflage: Dass Washington zunehmend bereit ist, wirtschaftspolitische Macht als Waffe einzusetzen.
Schon im April hatte Trump neue Zölle auf Elektroautos, Maschinen und Batterien aus Europa angedroht – eine direkte Kampfansage an deutsche Schlüsselindustrien.
Zwischen Unionstreue und nationalem Selbstprofil
Merz weiß: Außenhandel ist EU-Kompetenz. Entsprechend betonte er mehrfach, seine Initiative sei nur eingebettet in die europäische Linie – am Nachmittag will er mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprechen.
Dennoch bewegt sich der Kanzler auf einem schmalen Grat: Einerseits will er Berlin als handlungsfähig präsentieren, andererseits darf Brüssel nicht düpiert werden.
Das geplante Gesprächsformat zwischen Kanzleramt und Weißem Haus mit je einem Beauftragten wirkt wie ein Versuch, das Heft des Handelns nicht vollständig abzugeben.
Zuckerbrot aus Brüssel – aber kein Nachgeben bei Standards
Während Merz um die Autozölle ringt, zeigt sich Brüssel kompromissbereit – an anderer Front. Die EU ist bereit, Zölle auf US-Düngemittelimporte zu senken. Eine symbolische Geste, um die Gespräche am Laufen zu halten.
Doch Agrarkommissar Christophe Hansen betont: Die Standards für Lebensmittelsicherheit bleiben unangetastet. Es ist der Drahtseilakt, in dem Europa sich bewegt: öffnen, ohne sich aufzuweichen.
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