06. August, 2025

Märkte

Zölle gegen die Schweiz: Roche im Visier – und unter Strom

Donald Trump erhebt Strafzölle auf Schweizer Exporte. Der Pharmariese Roche steht plötzlich im geopolitischen Gegenwind – und versucht, ruhig zu bleiben. Doch wie lange noch?

Zölle gegen die Schweiz: Roche im Visier – und unter Strom
Trotz 25.000 Mitarbeitenden und 50 Milliarden Dollar Investitionszusagen in den USA wird Roche zum Ziel politischer Zollpolitik – ein Warnsignal für global tätige Konzerne.

Trumps Zollhammer trifft die Schweiz – und die Pharmaindustrie

Am 1. August, mitten in der Nacht, kündigte Donald Trump per Dekret neue Strafzölle auf Importe aus der Schweiz an: 39 Prozent, gültig ab dem 7. August. Die Begründung blieb vage, der Ton aggressiv – und das Timing brisant.

Quelle: Eulerpool

Kaum ein Land außerhalb Europas ist wirtschaftlich so eng mit den USA verflochten wie die Schweiz. Und kaum ein Unternehmen in der Schweiz ist so stark im US-Markt verankert wie Roche.

Roche reagiert – sachlich, aber wachsam

Roche, der zweitgrößte Pharmakonzern Europas, ließ sich nicht aus der Ruhe bringen – zumindest nicht nach außen. Auf Nachfrage der Nachrichtenagentur AWP erklärte der Konzern: Man prüfe die Maßnahmen und sei vorbereitet. Die Versorgung der Patienten habe oberste Priorität, weltweit.

Das klingt abgeklärt – und professionell. Aber hinter den Kulissen dürfte die Nervosität gestiegen sein. Denn Roche ist kein klassischer Exporteur. Das Unternehmen ist tief in den USA verwurzelt: über 25.000 Mitarbeitende, 15 Forschungszentren, 13 Produktionsstätten.

Quelle: Eulerpool

Dazu eine gigantische Investitionszusage: 50 Milliarden Dollar will Roche in den nächsten Jahren in den Vereinigten Staaten ausgeben. Dass gerade ein solcher Partner nun ins Visier der US-Zollpolitik gerät, ist bemerkenswert – und könnte Signalwirkung haben.

Politisches Risiko statt Marktrisiko

Die Strafzölle betreffen nicht nur Laborgeräte oder Verpackungen – sondern möglicherweise auch Wirkstoffe und Diagnostiklösungen, die zentral für die Behandlung schwerer Krankheiten sind.

Roche appelliert deshalb offen an die Vernunft: Produkte für die Gesundheitsversorgung sollten von Handelskonflikten ausgenommen werden. „Zum Schutz von Patientenzugang, Lieferketten und Innovation“, heißt es.

Quelle: Eulerpool

Doch dieser Appell prallt bislang an Trumps Rhetorik ab. Der Präsident bleibt vage – und demonstrativ unnachgiebig. In Washington wird spekuliert, dass die Zölle Teil eines größeren politischen Manövers sind: Trumps Regierung will offenbar ein Exempel statuieren, das sich nicht nur gegen China oder Mexiko richtet, sondern auch gegen Länder, die bisher als „sicher“ galten. Die Botschaft: Niemand ist ausgenommen. Nicht einmal Verbündete.

Schweizer Pharmaindustrie unter Druck

Für die Schweiz ist die Situation heikel. Das Land zählt zu den wichtigsten Lieferanten innovativer Medikamente in die USA. Roche und Novartis zusammen stehen für Milliardenumsätze. Wenn nun auch nur ein Teil dieser Exporte durch neue Zölle verteuert oder verzögert wird, entstehen empfindliche Friktionen – sowohl in der Versorgung als auch in der Marktposition.

Die Eidgenössische Zollverwaltung in Bern hält sich bislang bedeckt. Auch die Schweizer Regierung äußert sich bislang nicht offensiv – wohl aus taktischen Gründen. Zu groß ist das Risiko, dass eine diplomatische Konfrontation die Lage weiter eskalieren lässt. Hinter den Kulissen dürfte jedoch längst ein Krisenstab arbeiten.

Roche: Diversifiziert – aber nicht immun

Roche selbst ist global aufgestellt, das stimmt. Doch der US-Markt ist das Herzstück – nicht nur beim Umsatz, sondern auch bei Innovation und Studienbetrieb. Neue Krebsmedikamente, Diagnostikplattformen, Genanalysen: Die USA sind Testmarkt, Produktionsstandort und Verkaufsplattform in einem. Ein Handelskonflikt mit Washington ist für Roche keine Nebensache – sondern ein strategisches Risiko.

Der Konzern versucht gegenzusteuern. Mit dem Ausbau der Produktionskapazitäten vor Ort, mit Technologietransfers, mit Lageranpassungen. Das ist klug – und im besten Fall ausreichend. Doch es zeigt auch, wie fragil internationale Lieferketten geworden sind. Und wie abhängig selbst ein globaler Champion vom Wohlwollen der US-Politik ist.

Die Märkte reagieren verhalten – noch

An der Börse gab sich die Roche-Aktie zunächst robust. Der Rücksetzer von knapp einem Prozent wirkt fast gelassen. Doch Marktteilnehmer dürften das Thema im Auge behalten. Denn was Trump heute mit der Schweiz beginnt, kann morgen Japan, Deutschland oder Südkorea treffen. Der politische Risikozuschlag für globale Konzerne wird steigen – auch wenn er nicht sofort im Kurs sichtbar wird.

Gerade Pharmakonzerne sind verwundbar: Ihre Produkte sind hochreguliert, hochspezialisiert – und selten einfach zu ersetzen. Wer im Visier steht, kann nicht einfach den Absatzmarkt wechseln oder die Produktion verlagern. Das wissen auch die Regierungen – und genau das macht die Zollpolitik so riskant.

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