Die britische Zentralbank tritt weiter auf die Zinsbremse – aber mit angezogener Handbremse. Mit der Entscheidung, den Leitzins um 25 Basispunkte auf nunmehr 4,00 Prozent zu senken, folgt die Bank of England (BoE) einem vorsichtigen Kurs.
Es ist die dritte Zinssenkung in diesem Jahr – nach den Lockerungsschritten im Februar und Mai. Doch anders als bei der US-Notenbank Fed oder der EZB ist der britische Zinspfad kein Sprint, sondern ein Slalomlauf durch ein wirtschaftliches Minenfeld.
Inflation bleibt britisches Sorgenkind
Zwar geht die Inflation im Vereinigten Königreich tendenziell zurück, doch mit 3,6 Prozent im Juli liegt sie immer noch deutlich über dem Zielwert von zwei Prozent – und über dem Niveau anderer europäischer Staaten.
Der Grund: steigende Löhne, die sich bisher hartnäckig in den Preisspiralen halten. Die BoE macht klar, dass diese Entwicklung den geldpolitischen Spielraum einschränkt. Ein schneller oder aggressiver Zinssenkungspfad sei unter diesen Bedingungen ausgeschlossen.
„Wir beobachten weiterhin erheblichen Lohndruck, vor allem im Dienstleistungssektor“, erklärte BoE-Gouverneur Andrew Bailey am Donnerstag. Gleichzeitig sei aber erkennbar, dass sich der Arbeitsmarkt abkühle – was künftig Entlastung bringen könnte.
Britische Wirtschaft im Dilemma
Die BoE steht vor einem Dilemma: Einerseits droht eine Abschwächung der Konjunktur – das BIP-Wachstum ist seit Monaten kaum messbar. Andererseits verankert sich die Inflation auf einem hohen Niveau, was zu einem gefährlichen Stagflationsszenario führen könnte.
„Wir haben noch keine klare Trendumkehr bei den Löhnen“, so Bailey weiter. „Das bedeutet: Unser Zinspfad bleibt graduell – und abhängig von weiteren Daten.“
Mit anderen Worten: Die BoE will und kann nicht zu schnell lockern. Stattdessen regiert in London geldpolitische Datenabhängigkeit in Reinform.
Kapitalmärkte hoffen – aber zögern
Die Finanzmärkte reagierten zurückhaltend. Zwar legte das Pfund gegenüber dem Euro kurzfristig zu, doch britische Staatsanleihen (Gilts) blieben weitgehend stabil. Investoren werten die Zinssenkung als Signal der Entschlossenheit – aber auch als Hinweis auf Unsicherheit.

Denn hinter den Kulissen wird klar: Die BoE steuert durch Nebel. Die Inflationsentwicklung ist fragil, der britische Konsum schwach, und geopolitische Risiken wie ein möglicher Handelskonflikt mit der EU oder weitere Energiepreisschocks könnten das mühsam austarierte Gleichgewicht schnell kippen lassen.
Der langsame Rückweg zur geldpolitischen Normalität
Die Zinsentscheidung reiht sich ein in das Muster der letzten Monate: vorsichtig, datengetrieben, schrittweise. In gewisser Weise ist der geldpolitische Kurs der BoE ein Abbild der britischen Wirtschaft: unsicher, komplex und unter Druck. Eine Rückkehr zu dauerhaft niedrigen Zinsen scheint ebenso ausgeschlossen wie ein entschlossener Kampf gegen die Inflation – es sei denn, die Zahlen sprechen eine neue Sprache.
Für den Moment heißt das: Die BoE bleibt auf Sichtflug – mit dem Fuß über der Bremse und dem Blick auf die Lohnabrechnungen.
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