Die Bank sagt nein – und das trotz Sicherheit
Der Bedarf ist enorm: Altersgerechter Umbau, Wärmepumpe, neue Fenster – viele Eigentümer im Rentenalter müssen noch einmal tief in die Tasche greifen. Doch genau dann, wenn das Geld gebraucht wird, wird es schwierig. „Wir erleben immer häufiger, dass Banken ältere Kunden abweisen, selbst wenn sie schuldenfrei und vermögend sind“, sagt Udo Zimmermann, Baufinanzierungsvermittler bei Dr. Klein.
Die Begründung: das Risiko. Immobilienkredite laufen meist über 15 bis 25 Jahre, also weit über die durchschnittliche Lebenserwartung der Kreditnehmer hinaus. Für die Banken ist das ein Unsicherheitsfaktor – vor allem, wenn kein stabiles Einkommen mehr fließt.
Ein Gesetz, das Kredite für Ältere fast unmöglich machte
Das Problem verschärfte sich 2016, als die Wohnimmobilienkreditrichtlinie in deutsches Recht überführt wurde. Sie verlangt, dass ein Kredit „aus dem laufenden Einkommen“ zurückgezahlt werden kann – also nicht nur theoretisch, sondern zu Lebzeiten.
Was als Verbraucherschutz gedacht war, wurde für viele Senioren zur Falle. „Manche Banken interpretieren die Richtlinie so streng, dass sie praktisch keine Kredite mehr an Rentner vergeben“, erklärt Alexander Krolzik von der Verbraucherzentrale. Selbst wer ein schuldenfreies Haus besitzt, wird häufig abgelehnt – weil die Rente als zu gering gilt.
Besonders absurd: Die vorhandenen Vermögenswerte zählen oft kaum. Ein Immobilienbesitz im Millionenwert hilft wenig, wenn das laufende Einkommen die Bank nicht überzeugt.
Hoffnung seit 2023: Sterben erlaubt – zumindest rechnerisch
Seit zwei Jahren gilt eine neue Kreditwürdigkeitsrichtlinie, die das Alter als Ausschlusskriterium offiziell streicht. Banken dürfen nun berücksichtigen, dass der Immobilienwert die Kreditsumme übersteigt – selbst wenn der Kreditnehmer den Vertrag voraussichtlich nicht vollständig erlebt.
Das hat Bewegung in den Markt gebracht. „Viele Institute haben ihre Vergabepraxis wieder gelockert“, sagt Andreas Schankweiler, Regionalleiter bei der Interhyp-Gruppe. Dennoch bleibe die zentrale Bedingung bestehen: Die monatliche Rate muss grundsätzlich aus dem Einkommen bedient werden können – ein Punkt, an dem viele Senioren weiterhin scheitern.
So erhöhen Ältere ihre Chancen
Trotzdem gibt es Wege, die Erfolgsaussichten deutlich zu verbessern. Entscheidend sind drei Faktoren: Eigenkapital, Sicherheiten und Flexibilität.
Wer mehr als 30 Prozent Eigenkapital einbringt, hat deutlich bessere Karten. Auch zusätzliche Sicherheiten wie Wertpapierdepots oder Lebensversicherungen können helfen. „Selbst ein kleinerer Eigenanteil kann den Unterschied machen, ob ein Antrag durchgeht oder nicht“, sagt Zimmermann.
Hilfreich ist auch, Kinder oder Enkel als Mitkreditnehmer einzubinden. Damit reduziert sich das Risiko für die Bank, und die Erben profitieren später direkt vom sanierten oder modernisierten Haus.
Ein weiterer Punkt: Schufa und Bonität. Saubere Zahlungsnachweise und eine stabile Kontoführung sind für ältere Antragsteller ebenso entscheidend wie für junge Familien.
Die Macht der Immobilie
Der Immobilienwert selbst spielt bei der Kreditprüfung wieder eine größere Rolle – zumindest bei einigen Banken. „Wenn der Objektwert die Kreditsumme übersteigt, ist das inzwischen wieder ein starkes Argument“, sagt Krolzik. Das gelte auch für Darlehen, die nicht direkt in die Immobilie fließen, sondern als freies Kapital verwendet werden sollen – etwa für Umbauten, Pflegevorsorge oder zur Liquiditätssicherung.
Allerdings gilt: Wer bereits ein laufendes Darlehen auf der Immobilie hat, sollte zuerst mit seiner Hausbank sprechen. Eine zweite Bank einzubinden ist schwierig, da diese im Grundbuch nachrangig eingetragen wird – ein Risiko, das viele Institute scheuen.
Alternative Modelle: Seniorenkredite und flexible Tilgung
Einige Banken bieten mittlerweile spezielle Senioren-Darlehen an – klassische Annuitätenkredite mit festen Monatsraten und klarer Laufzeit. Besonders attraktiv: Manche Modelle erlauben flexible Tilgungsraten, die sich an die Rentenhöhe anpassen.

Wer im Berufsleben noch Rücklagen aufbaut, kann die Tilgung vor dem Ruhestand hoch ansetzen und sie später senken. Das signalisiert der Bank Rückzahlungswillen, ohne die monatliche Belastung im Alter zu überdehnen.
Andere Institute setzen auf eine variable Tilgung zwischen ein und zehn Prozent – ein Spielraum, der Verhandlungssache ist. „Kreditnehmer, die zeigen, dass sie aktiv zurückzahlen wollen, werden meist besser bewertet“, so Schankweiler.
Wenn die Bank trotzdem blockt
Trotz neuer Regelungen bleibt die Realität oft ernüchternd. Viele Banken lehnen Seniorenkredite weiterhin pauschal ab – teils aus Angst vor Haftung, teils aus konservativer Risikoabwägung.
Deshalb gilt: Mehrere Angebote einholen. Unterschiedliche Banken bewerten Einkommen, Sicherheiten und Immobilienwerte unterschiedlich. Wer mehrere Anfragen stellt und offen kommuniziert, hat bessere Chancen.
„Viele ältere Kunden geben zu früh auf“, sagt Zimmermann. „Aber es gibt fast immer Institute, die bereit sind, genauer hinzusehen – man muss nur suchen.“
Verkauf mit Wohnrecht – die letzte Option
Für Eigentümer, die keine Bank überzeugen können, bleibt der Teilverkauf oder Verkauf mit Wohnrecht als Ausweg. Dabei verkauft der Senior einen Teil oder die gesamte Immobilie, bleibt aber lebenslang wohnen – gegen Einmalzahlung oder eine Art Miete.
Das Modell ist finanziell oft günstiger als ein Kredit, aber emotional schwierig. Viele wollen das eigene Haus nicht aufgeben. Außerdem winken beim Verkauf Werteabschläge, da bewohnte Immobilien für Käufer unattraktiver sind.
Zwischen Absicherung und Selbstbestimmung
Das zentrale Problem bleibt bestehen: Der deutsche Kreditmarkt ist auf junge, einkommensstarke Haushalte ausgelegt – nicht auf die wachsende Generation älterer Eigentümer. Dabei liegt gerade hier enormes Potenzial: Laut Statistischem Bundesamt besitzen über 60-Jährige rund zwei Drittel des privaten Immobilienvermögens in Deutschland.
Wer Älteren den Zugang zu Kapital verweigert, blockiert damit auch Milliarden an Investitionen – in Sanierungen, Energiewende und Pflegevorsorge.
Oder wie es ein Bankberater hinter vorgehaltener Hand formuliert:
„Wir reden ständig über Klimaschutz, aber wir verweigern Kredite an diejenigen, die die Wärmepumpen bezahlen könnten.“

