Zwangslage mit System
16 Millionen Wohnungen – mehr als die Hälfte aller Mietobjekte in Deutschland – gehören privaten Vermietern. Doch die wirtschaftliche Basis dieses Systems wankt.
Immer mehr Eigentümer berichten: Sanieren lohnt sich nicht, Mieterhöhungen sind politisch gedeckelt, und staatliche Förderung ist zu kompliziert oder gar nicht erreichbar.
Zwei aktuelle Studien – eine des Instituts der deutschen Wirtschaft im Auftrag der Deutschland Immobilien AG, die andere vom Verband Haus & Grund – zeigen ein deutliches Bild: Deutschlands Vermieter stehen unter massivem Druck. Und es ist kein vorübergehendes Stimmungstief – es ist eine strukturelle Schieflage.
Energiewende gegen die Wand gefahren
Mit dem Ziel, den Gebäudesektor zu dekarbonisieren, hat die Bundesregierung hohe Anforderungen an Immobilieneigentümer formuliert. Wärmepumpe, Dämmung, neue Fenster – alles bitte schnell und umfassend. Nur: Wer soll das bezahlen?
Die große Mehrheit der befragten Vermieter will auf absehbare Zeit nicht investieren. 65 % geben an, keine energetischen Modernisierungen zu planen. Der Grund ist fast immer derselbe: „fehlende Rentabilität“.
Denn auf die Miete dürfen maximal acht Prozent der anerkennungsfähigen Kosten umgelegt werden – das deckt bei vielen Bestandsimmobilien nicht einmal die Hälfte der realen Ausgaben.
Rechnen lohnt sich nicht
Wer unterhalb von sieben Euro Kaltmiete vermietet – was in vielen Mittel- und Kleinstädten Realität ist – darf gerade einmal zwei Euro pro Quadratmeter jährlich aufschlagen.
Selbst wenn man die Miete überhaupt erhöhen könnte: Die Hälfte der Vermieter verzichtet bei Neuvermietung sogar freiwillig auf Preissteigerungen, oft aus Sorge vor Leerstand oder sozialem Konflikt.
Die Folge: Laut Haus & Grund erzielt nur rund jeder zweite Vermieter überhaupt einen Überschuss. Der Rest fährt bestenfalls eine schwarze Null – oder macht sogar Verluste.

Alt, überfordert, alleingelassen
Ein weiterer, oft übersehener Faktor: das Alter. Der typische Kleinvermieter ist inzwischen 57 Jahre alt, das Durchschnittsalter steigt rasant. Bei Haus & Grund liegt der Anteil der über 60-Jährigen schon bei 66 Prozent.
Wer in diesem Alter mit komplizierten Förderanträgen, Kreditbedingungen der KfW oder Sanierungsverordnungen konfrontiert wird, sagt oft einfach: Nein.
Schon zwölf Prozent nennen ihr Alter als Grund dafür, gar nicht erst zu sanieren – Tendenz steigend. Und jüngere Vermieter? Kaum vorhanden. Nur sechs Prozent der befragten Eigentümer sind unter 35.
Fördern, aber bitte einfach
Viele Kleinvermieter sind nicht zahlungsschwach – aber überfordert. Die Förderstruktur ist komplex, die Sanierungsvorgaben unklar, das Mietrecht verschärft. Wer nicht beruflich in der Immobilienbranche unterwegs ist, scheitert schnell an der Bürokratie.
Deshalb schlägt Haus & Grund eine Wende vor: weniger Kredite, mehr Zuschüsse. Wer Eigentümer zur Erreichung von Klimazielen braucht, muss sie auch praktisch in die Lage versetzen, ihren Beitrag zu leisten.
Standort wird zur Schicksalsfrage
In Städten wie München oder Berlin sind hohe Mieten zwar möglich, aber nur, wenn zuvor noch höhere Kaufpreise gestemmt werden. Viele Anleger zahlten bis zu 8.000 Euro pro Quadratmeter – doch Mieterhöhungen bleiben politisch unpopulär und werden weiter reguliert. Das bedeutet: Die Wirtschaftlichkeitsrechnung funktioniert schlicht nicht mehr.
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Auf dem Land sieht es kaum besser aus. Wer dort für 6,50 Euro pro Quadratmeter vermietet, kann energetische Sanierungen nicht mehr refinanzieren – auch nicht mit Förderungen.
Fazit: Der Ort entscheidet über das Überleben. Und in immer mehr Fällen heißt das: Rückzug.
Die große Entwertung steht bevor
Noch halten viele Eigentümer an der Hoffnung auf weiter steigende Immobilienpreise fest. Doch die Realität sieht anders aus. Die Sanierungspflicht wird schärfer, die Mieten bleiben gedeckelt, der Käufermarkt für vermietete Wohnungen schrumpft.
Viele ältere Eigentümer werden in den kommenden zehn Jahren verkaufen – gezwungenermaßen. Doch der große Generationswechsel am Mietwohnungsmarkt droht zur Entwertungswelle zu werden: Die Wunschpreise aus Boomzeiten dürften sich oft in Luft auflösen.
Ein Markt ohne Nachwuchs
Wenn nur sechs Prozent der Eigentümer unter 35 Jahre alt sind, zeigt das vor allem eines: Das deutsche Mietmodell hat ein Nachwuchsproblem.
Hohe Erwerbsnebenkosten, steigende Zinsen und unsichere Rahmenbedingungen halten junge Anleger davon ab, einzusteigen. Wer heute in eine vermietete Bestandswohnung investiert, muss mit fünfstelligen Sanierungskosten rechnen – und mit politisch limitierten Erträgen.
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