Die Amerikaner waren immer Meister der Abkürzung. In keinem anderen Land wird so konsequent versucht, Körperoptimierung auf Knopfdruck zu erzwingen.
Der neueste Hype: Elektromuskuläre Stimulation (EMS), Vibrationsplattformen, Fettvereisung, Muskelstraffung per Magnetfeld – ergänzt durch pharmazeutische „Wunderwaffen“ wie Ozempic, Wegovy und Mounjaro.
Der Trend lässt sich auf eine einfache Formel bringen: Muskeln und schlanke Körper ohne das lästige Training.
Wiedergeburt der Schüttelmaschinen
Es wirkt fast wie ein Déjà-vu aus den 50er Jahren, als vibrierende Gürtel Hausfrauen zur Bikini-Figur schütteln sollten. Heute laufen EMS-Studios für 225 Dollar Monatsgebühr und einer Trainingseinheit pro Woche blendend.
Wer sich die schockartigen Muskelkontraktionen per Anzug überzieht, bekommt laut Anbietern in 25 Minuten angeblich die Effekte eines vierstündigen Workouts. Wissenschaftlich valide belegen lässt sich das kaum. Aber in der Ära der Instant Gratification zählt ohnehin mehr das Versprechen als der Nachweis.
„Der Powerball-Effekt“ der Fitnessindustrie
„Es ist wie ein Lotterielos“, erklärt Sportwissenschaftler Sam Zizzi von der West Virginia University.
„Die Wahrscheinlichkeit, dass es wirklich funktioniert, ist verschwindend gering – aber man greift trotzdem zu.“
Gerade in einer Kultur, die individuelle Verantwortung predigt, während sie kollektive Illusionen verkauft. Der Widerspruch zwischen dem Mythos des disziplinierten Selbst und der Lust am bequemen Wundermittel treibt das Geschäft an.

Big Business mit dünner Datenlage
Dabei ist die wissenschaftliche Basis vieler dieser Methoden bestenfalls dünn, häufig von den Herstellern selbst finanziert.
Elektromagnetische Muskelstimulatoren wie Emsculpt reduzieren laut unabhängigen Studien die Körperumfänge im Schnitt um gerade einmal 2,9 Millimeter – eine kosmetische Petitesse, die oft innerhalb der Messungenauigkeit liegt.
Kliniker wie Jessica Bartfield von der Wake Forest University mahnen seit Jahren:
„Die meisten dieser Produkte bieten allenfalls marginale Effekte. Solide, unabhängige Studien fehlen fast vollständig.“
Ozempic & Co: Die neue Droge der Leistungsgesellschaft
Parallel boomt der Markt für GLP-1-Medikamente. Semaglutid (Ozempic, Wegovy) und Tirzepatid (Mounjaro) verhelfen Millionen zu drastischen Gewichtsverlusten. Was jedoch oft vergessen wird: Ohne begleitende Ernährung und Bewegung droht massiver Muskelabbau.
„Schlank ist nicht automatisch gesund“, warnt Bartfield. Wer sich nur auf die Spritze verlässt, läuft Gefahr, zwar leichter, aber schwächer und metabolisch anfälliger zu werden.
Der Fitness-Zirkus der Gegenwart
EMS-Suits, Shake Weights, Vibrationsplatten und Fett-Frosting-Maschinen sind nur die aktuellsten Kapitel einer langen Geschichte von Fitness-Gimmicks, die alle das gleiche Grundbedürfnis bedienen: Muskeln, Gesundheit und Schönheit zum Discount-Preis.
Selbst Physiotherapeuten wie Leah Verebes von der Touro University geben zu: „Für Reha-Zwecke kann EMS sinnvoll sein. Als Ersatz fürs reguläre Training hingegen ist der Nutzen begrenzt.“
Marketing schlägt Vernunft
Der Markt wird zusätzlich durch soziale Medien befeuert, die permanent Körperideale inszenieren und mit Werbeclips in 15 Sekunden suggerieren, dass Fitness käuflich sei. TikTok, Instagram und Influencer treiben das Geschäft, während Millionen auf den nächsten vermeintlichen Gamechanger anspringen.
Gefährliche Nebenwirkungen inklusive
Und es bleibt nicht ohne Risiken: Supermodel Linda Evangelista etwa erlitt nach einer CoolSculpting-Behandlung eine seltene, aber schwere Komplikation.
Solche Nebenwirkungen stehen regelmäßig in den Fußnoten der Werbeversprechen – unterschrieben wird trotzdem.
Die alte Wahrheit bleibt unangetastet
Der Kern bleibt trotz aller technischen Spielereien unangenehm konstant: Wer gesund, leistungsfähig und fit sein will, muss sich bewegen. Muskeln lassen sich nicht dauerhaft schocken, frieren oder vibrieren. Und der vielzitierte „Fitness-Hack“ bleibt in Wahrheit meist ein Placebo.
Disclaimer:
Die InvestmentWeek stellt in diesem Artikel keine medizinischen Empfehlungen dar. Aussagen zu Medikamenten, Therapien und Produkten basieren auf recherchierten Quellen und sollen ausschließlich der journalistischen Berichterstattung dienen. Vor medizinischer Anwendung oder dem Kauf entsprechender Produkte wird die Rücksprache mit qualifizierten Fachärzten empfohlen.
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