05. Dezember, 2025

Börse

Wie Fondsmanager den KI-getriebenen Höhenflug absichern

Die großen US-Indizes tasteten sich zuletzt an ihre Rekorde heran, während Fondsmanager parallel diskutieren, wie sie ein Portfolio schützen können, das von KI-Gewinnern dominiert wird und zugleich zunehmend anfällig wirkt. Die Märkte steigen – aber die Risikokarte liegt offen auf dem Tisch.

Wie Fondsmanager den KI-getriebenen Höhenflug absichern
Fondsmanager suchen nach verlässlichen Hedges, doch Dollar, Gold und Anleihen wirken derzeit nur eingeschränkt.

Die KI-Euphorie verzerrt historische Muster

Der Aufschwung der vergangenen Monate hat die Bewertungsrelationen verschoben und zugleich die Absicherung erschwert. In der aktuellen Umfrage der Bank of America nennen 45 Prozent der Fondsmanager eine KI-Blase als größtes Extremrisiko. Der Hinweis von EZB-Vizepräsident Luis de Guindos, die Stimmung könne sich abrupt drehen, traf einen Nerv: Die Abhängigkeit der Indizes von einigen wenigen Wachstumswerten macht die Rally fragil.

Trotzdem warnen Investmenthäuser vor vorschnellen Diagnosen. Viele Strategen sehen bisher keine spekulative Überdehnung, eher eine Marktmechanik, die auf hohen Gewinnerwartungen ruht. Genau das macht die Wahl eines geeigneten Hedges anspruchsvoll: Die traditionellen Schutzbausteine wirken nur eingeschränkt.

Der US-Dollar verliert seine Rolle als Sicherheitsanker

Lange galt der Dollar als verlässlichster Krisenpuffer. Doch die Preisbewegungen im Frühjahr haben dieses Muster außer Kraft gesetzt. Als US-Aktien im März und April einbrachen, fiel der Dollar mit – ein Bruch mit der gängigen Logik, in der Kapital in Stressphasen in US-Anlagen fließt.

Hinzu kommt die positive Beziehung zwischen S&P-500-Renditen und Dollarbewegungen, die AGI seit Jahresbeginn misst. Wenn die Währung künftig in dieselbe Richtung wie der Aktienmarkt läuft, fällt sie als Gegenpol aus. Für internationale Fonds bedeutet das: Ein Dollar-Hedge könnte Verluste in einer Korrektur noch verstärken.

Gold ist teuer – und bleibt trotzdem gefragt

Gold wird traditionell dann zum Gesprächsthema, wenn andere Absicherungen wackeln. In diesem Jahr ist der Preis jedoch bereits um 60 Prozent auf über 4200 Dollar pro Feinunze gestiegen. Union Investment hält diese Bewertung für fundamental schwer zu rechtfertigen. LBBW-Manager Michael Hünseler betont, dass Gold auf diesem Niveau in einer Krise kaum signifikant zulegen könne.

Andere Häuser bleiben dennoch dabei. DWS und Feri betrachten Gold als strukturellen Bestandteil eines Stabilisators, selbst wenn der Preisanstieg künftige Zugewinne begrenzt. Feri verweist zudem auf starke Zentralbankkäufe, die den Markt stützen könnten. In dieser Logik ist Gold kein Renditetreiber, sondern Risikoprämie – und diese kostet.

Staatsanleihen müssen ihre Absicherungsfunktion erst zurückerobern

Nach dem Doppelschock von 2022 – parallele Kursverluste bei Aktien und Anleihen – ist die Frage offen, ob Staatsanleihen in einer Korrektur wieder steigen würden. Goldman Sachs erinnert daran, dass die negative Aktien-Anleihe-Korrelation keine Naturkonstante ist: In Phasen erhöhter Inflationssorgen können beide Anlageklassen in die gleiche Richtung laufen.

AGI setzt dennoch auf eine differenzierte Lesart. Sollte eine KI-Korrektur die US-Wirtschaft bremsen, könnte die Fed zu weiteren Zinssenkungen gezwungen sein. In diesem Szenario wären Treasuries ein funktionierender Puffer. Der Haken: Das Absicherungsprofil hängt stärker am geldpolitischen Regime als in früheren Zyklen.

Digitale Vermögenswerte spalten die Branche

Die Idee, Kryptowährungen als Hedge einzusetzen, polarisiert stärker denn je. Feri sieht in Bitcoin und ausgewählten Digital Assets einen „natürlichen Hedge“, der mit zunehmender Reife an Stabilität gewinne. Dass der Bitcoin seit Oktober mehrfach stark korrigierte, ändert aus Sicht des Hauses wenig – die Korrelation zur Tech-Allokation bleibe längerfristig schwankend, aber nicht deterministisch.

Dekabank-Chefvolkswirt Ulrich Kater widerspricht klar: Bitcoin bewege sich wie eine Technologieaktie und sei daher kein Schutz, sondern ein Risikoverstärker. Der Blick der vergangenen drei Jahre gibt dieser Einschätzung Gewicht: In mehreren Marktphasen lief der Kurs nahezu deckungsgleich mit dem Nasdaq.

Für Multi-Asset-Manager bedeutet das: Kryptowährungen können Diversifikation liefern, aber nur eingeschränkt Schutz – und sicher nicht dann, wenn Tech-Segmente selbst der Auslöser der Korrektur sind.

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Derivate werden zum taktischen Instrument der Stunde

Wenn klassische Hedges wackeln, rücken synthetische Absicherungen in den Vordergrund. Put-Optionen gelten vielen Portfoliomanagern derzeit als pragmatische Lösung, zumal die niedrige Marktvolatilität die Prämien drückt. Der Mechanismus ist einfach: Fällt ein Index unter den definierten Ausübungspreis, begrenzt der Put den Verlust – eine Versicherung mit planbaren Kosten.

Parallel wächst das Interesse an Kreditderivaten. Credit Default Swaps werden zunehmend als Hedge gegen sektorspezifische Risiken genutzt, vor allem im KI-Ökosystem. Die Deutsche Bank registriert seit September deutlich ausgeweitete Spreads etwa bei Oracle-Anleihen. Steigen die Insolvenzwahrscheinlichkeiten, gewinnt der CDS an Wert und fängt Verluste im Aktiensegment ab.

Für LBBW-Stratege Hünseler sind CDS das präziseste Werkzeug, falls sich Probleme im Technologiesektor zu einem systemischen Risiko entwickeln. Ihre Wirkung entfaltet sich genau dann, wenn andere Korrelationen brechen.

Der Absicherungsbedarf steigt, während die Werkzeuge unzuverlässiger werden

Fondsmanager stehen damit vor einem paradoxen Markt: Extremrisiken nehmen zu, während die bewährten Schutzmechanismen an Wirkung verlieren. Der KI-Boom schiebt die Kurse weiter nach oben – und verwischt gleichzeitig die Muster, auf die sich Portfolios seit Jahren stützen.

Die Suche nach dem passenden Hedge wird damit selbst zum Risikoindikator: Je mehr Manager experimentieren müssen, desto deutlicher zeigt sich, wie schmal der Grat zwischen Euphorie und Erschöpfung ist.

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