Die Macht im Werkzeugkoffer
Akkuschrauber, Kettensägen, Hochdruckreiniger – für viele ist das bloß Werkzeug. Für andere ist es ein Milliardengeschäft. Seit der Pandemie erlebt die Branche einen Boom, wie man ihn sonst eher vom Immobilienmarkt kennt.
Der Umsatz hat sich in Deutschland seit 2009 verdoppelt. Weltweit kratzt die Werkzeugindustrie an der Marke von 30 Milliarden Euro. Doch wer verdient daran wirklich? Ein Blick hinter die Logos zeigt: Es geht nicht nur um Schrauben, sondern auch um stille Macht, globale Vernetzung – und manchmal um handfesten Familienstolz.
Gardena: Der Gartenspezialist unter schwedischer Flagge
Gardena steht wie kaum eine andere Marke für den gepflegten deutschen Garten. Gegründet 1961 in Ulm, bekannt geworden durch das Wasserschlauch-Stecksystem. Doch seit vielen Jahren ist das Unternehmen nicht mehr unabhängig.
2007 ging Gardena an die schwedische Husqvarna Group – und seit 2023 hält ausgerechnet Bosch 15 Prozent an Husqvarna. Was kaum jemand weiß: Wer heute ein Gardena-Produkt in der Hand hält, hält damit auch ein Stück Bosch in der Hand.
Bosch: Stiftungskonzern mit grünem und blauem Werkzeug
Bosch ist mehr als Werkzeug. Der Konzern mit Sitz in Stuttgart ist ein globaler Mischkonzern mit Fokus auf Automobiltechnik, Industrie und Konsumgüter. Die Bohrmaschinen und Akkuschrauber – grün für Heimwerker, blau für Profis – sind nur ein Teil davon.
Interessant: Die Robert Bosch GmbH gehört mehrheitlich einer Stiftung. Gewinne fließen nicht an Aktionäre, sondern zurück ins Unternehmen und in gemeinnützige Projekte. Das erklärt vielleicht, warum Bosch sich auch bei Husqvarna engagiert – langfristig und strategisch.
Einhell: Heimwerker-Marke aus Niederbayern
Einhell aus Landau an der Isar hat sich in den vergangenen Jahren still und leise nach oben gearbeitet. Rasenmäher, Kompressoren, Akkugeräte – Einhell ist im Baumarkt überall zu finden. Der Umsatz lag 2022 erstmals über einer Milliarde Euro.

Die Produktion läuft größtenteils in China, die Batterien kommen aus Ungarn. Die Mehrheit der Aktien gehört weiterhin der Gründerfamilie Thannhuber. Einhell ist damit eines der wenigen börsennotierten Unternehmen der Branche mit echter Familienmehrheit.
Fiskars: Finnisches Traditionshaus mit Problemen
Fiskars ist älter als jede andere Marke in dieser Liste – gegründet 1649. Heute verkauft der Konzern nicht nur Gartenscheren, sondern auch Porzellan und Designobjekte. Marken wie Iittala, Wedgwood oder Royal Copenhagen gehören zur Gruppe.
Doch derzeit läuft es nicht rund: 2025 ging der Umsatz um 7 Prozent zurück, das operative Ergebnis brach um 84 Prozent ein. Grund sind sinkende Verkaufszahlen – und die Folgen der neuen US-Zölle, die gerade europäische Hersteller treffen.
Knipex: Zangen aus Wuppertal – und sonst nichts
Knipex bleibt sich treu. 1882 gegründet, produziert das Unternehmen noch heute ausschließlich in Deutschland. 59.000 Zangen verlassen täglich das Werk in Wuppertal. Auf Billigproduktion im Ausland verzichtet man konsequent.
Dass Knipex auch juristisch aktiv ist, zeigt der Fall Lidl: Der Discounter musste sich Anfang 2025 wegen eines angeblich nachgebauten Schaltschrankschlüssels verantworten. Knipex verteidigt nicht nur Qualität – sondern auch sein geistiges Eigentum.
Stihl: Familienmacht mit Motorsäge
Stihl ist die vielleicht bekannteste Marke für Motorsägen – und das nicht nur in Deutschland. 1926 gegründet, heute mit einem Jahresumsatz von über 5 Milliarden Euro und über 19.000 Mitarbeitenden weltweit.
Trotz Globalisierung bleibt Stihl ein Familienunternehmen. Nikolas Stihl, Enkel des Firmengründers, sitzt heute im Aufsichtsrat. Geführt wird das Unternehmen allerdings von einem familienfremden CEO. Produziert wird in acht Ländern, aber die Zentrale bleibt in Waiblingen bei Stuttgart.

Makita: Japanischer Riese mit Europa-Fokus
Makita wurde 1915 in Japan gegründet, ist seit 1977 in Deutschland präsent und gehört heute zu den größten Elektrowerkzeug-Herstellern der Welt. Besonders beliebt ist Makita bei Profis – mit leistungsstarken Akkugeräten und robuster Technik.
Die Eigentümerstruktur ist international: BlackRock, Vanguard und andere Großinvestoren halten Anteile. Europa ist heute der wichtigste Absatzmarkt. Der Umsatz lag 2024 bei rund 4,3 Milliarden Euro.
Wera: Kultmarke unter Glas
Wer in einem gut sortierten Baumarkt unterwegs ist, kennt Wera: Die Schraubendreher im auffälligen Design sind oft hinter Glas gesichert – teurer, aber beliebt. Wera wurde 1936 in Wuppertal gegründet und produziert heute in Tschechien.
Seit 2016 gehört die Marke zur Bitburger Holding – der Investmentgesellschaft hinter der gleichnamigen Brauerei. Ein eher ungewöhnliches Gespann, das funktioniert
Kärcher: Hochdruck mit Geschichte
„Kärchern“ ist mehr als ein Markenname – es ist ein festes Verb in der deutschen Sprache. Das Unternehmen, gegründet 1935, ist weltweit Marktführer bei Reinigungsgeräten. Rund 3,4 Milliarden Euro Umsatz erwirtschaftete Kärcher 2024 mit 17.000 Beschäftigten.
Bis heute ist Kärcher in Familienbesitz. Der Sitz ist in Winnenden bei Stuttgart. Wer mit dem Hochdruckreiniger arbeitet, unterstützt ein solides Familienunternehmen mit globalem Anspruch.
Hilti: Liechtensteiner Power mit Betonfokus
Hilti kennt jeder vom Bau. Die roten Bohrhämmer sind ein Synonym für professionelle Befestigungstechnik. Gegründet 1941, heute mit Sitz in Schaan, Liechtenstein, erwirtschaftet das Unternehmen jährlich rund 6,8 Milliarden Euro.
Alle Anteile gehören einem Familientrust – es gibt also keine Aktionäre. Seit 2007 führt ein familienfremder CEO das Unternehmen, das sich konsequent auf Baustellenlösungen spezialisiert hat. Hilti steht für Fokus – und für Unabhängigkeit.
Der Werkzeugmarkt ist härter als Beton
Wer in den Baumarkt geht, trifft nicht nur auf Schrauben und Sägen, sondern auf globale Machtverhältnisse, Konzernstrategien und Familiengeschichten. Hinter den bekannten Marken stecken Akteure mit klaren Interessen – mal industriell, mal finanzgetrieben, mal traditionsbewusst.
Eines ist sicher: Die Heimwerkerbranche ist längst kein Nischengeschäft mehr. Und wer am Sonntag mit der Stichsäge loslegt, der fördert nicht selten einen globalen Konzern – oder ein Unternehmen, das sich hartnäckig dem Wandel widersetzt.
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