04. Dezember, 2025

Education

Wenn Grundschulen zum Notfallzentrum werden

Hessens Lehrer warnen vor Kindern, die ohne grundlegende Fähigkeiten in die Schule kommen – und vor einem System, das ihre Lage verschärft

Wenn Grundschulen zum Notfallzentrum werden
Hessens GEW drängt auf kleinere Klassen und mehr Fachkräfte, um Grundschulen zu entlasten.

Die Zahl ist unmissverständlich: 1100 Grundschullehrer aus Hessen melden, dass sie Kinder nicht mehr an die Startlinie eines normalen Schulalltags bringen. Nicht, weil die Ansprüche gestiegen wären, sondern weil vielen Kindern heute jene Basis fehlt, die früher vor dem ersten Schultag selbstverständlich war.

Der Unterricht kämpft gegen elementare Lücken

Was bislang als Randnotiz galt, beschreibt der Brandbrief als flächendeckende Realität. Viele Kinder können nicht zuhören, nicht länger sitzen, keinen Stift halten, nicht schneiden, nicht kleben. Sprachdefizite, motorische Unsicherheiten und wachsende Angststörungen prägen den Alltag mancher Klassen.

Dass einige Kinder nicht selbstständig auf die Toilette gehen können, wirkt wie ein Symbol für eine Überforderung, die weit über schulische Inhalte hinausgeht.

Die Lehrkräfte sprechen davon, dass sie die pädagogische Grundarbeit nicht mehr schaffen. Statt Lesen, Schreiben, Rechnen zuerst Fähigkeiten vermitteln zu müssen, die eigentlich im Vorschulalter verankert sein sollten. Dieser Befund ist nicht neu, aber er erreicht nun eine neue Dringlichkeit – weil sich die Zahl der betroffenen Kinder deutlich erhöht.

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Die Rahmenbedingungen verschärfen die Krise

Parallel zu den wachsenden Herausforderungen soll die Schule immer mehr gesellschaftliche Aufgaben übernehmen: Integration, Inklusion, frühe Demokratiebildung, Digitalisierung. Alles sinnvoll, alles notwendig – aber kaum realisierbar mit Klassen, die in manchen Schulen längst über die Marke von 25 Kindern hinausgehen. Die Forderung der Initiative nach maximal 20 Kindern pro Klasse wirkt angesichts der beschriebenen Probleme eher wie ein Mindestmaß als wie ein politisches Wunschprogramm.

Belastet wird die Lage zusätzlich durch Kürzungen im Landeshaushalt, die aus Sicht der Lehrer die notwendige Unterstützung ausbremsen. Die Resolution verlangt mehr qualifiziertes Personal: vor allem Psychologen, Sozialpädagogen, Förderkräfte. Nicht als Luxus, sondern als Voraussetzung dafür, dass Unterricht überhaupt wieder gelingen kann.

Die Ursachen reichen weit über das Schulgebäude hinaus

Dass es vielen Kindern an elementaren Fähigkeiten fehlt, verstehen die Initiatorinnen nicht als individuelles Versagen. Mehrere Lehrkräfte berichten, dass die Defizite oft aus überlasteten oder überforderten Elternhäusern stammen. Wenn Alltagsstrukturen fehlen und Sprache nur begrenzt gefördert wird, entsteht ein Rückstand, den die Grundschule kaum aufholen kann.

Die Datenlage stützt diesen Eindruck: Der Anteil der Kinder mit deutlichen Sprachproblemen steigt, ebenso der Zahl jener, die kaum Frustrationstoleranz entwickelt haben. Die Folgen zeigen sich im Klassenraum sofort – und sie binden enorme Ressourcen der Lehrkräfte.

Die Politik steht vor einer Entscheidung über den Charakter der Grundschule

Ab dem Schuljahr 2026/27 greift der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung im Grundschulalter. Hessen rechnet selbst damit, dass damit eine nächste Belastungswelle auf die Schulen zukommt. Ohne zusätzliches Personal, warnen die Lehrer, werde die Schule zur Aufbewahrungsanstalt. Darunter litten am Ende nicht nur besonders belastete Kinder, sondern auch jene, die eigentlich bereit wären, rasch zu lernen.

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Das Kultusministerium verweist auf laufende Maßnahmen: verpflichtende Deutschförderung vor der Einschulung, zusätzliche Deutschstunden, mehr Schulsozialarbeit, mehr Wertebildung. Gleichzeitig betont das Ministerium, dass auch Elternhäuser stärker in die Verantwortung müssten. Doch im Kern bleibt die Frage, ob das Tempo der politischen Antworten noch zu den realen Entwicklungen passt.

Der Hilferuf zeigt den Punkt, an dem Systeme kippen

In der Tonlage der Resolution steckt keine Übertreibung, sondern Erschöpfung. Wer 1100 Unterschriften sammelt, dokumentiert nicht eine Stimmung, sondern einen Zustand. Die Grundschule, einst der verlässlichste Startpunkt des Bildungssystems, sendet ein Warnsignal, das sich nicht mehr überhören lässt: Wenn der erste Lernort überfordert ist, verschiebt sich das Problem durch alle folgenden Jahrgänge.

Die Pointe liegt nicht im Alarmismus, sondern in der Klarheit der Lehrkräfte. Sie wollen keine Debatte über „früher war alles besser“, sondern Bedingungen, unter denen Schule wieder Schule sein kann – ein Ort, an dem Kinder Fähigkeiten entwickeln, statt ihre fehlenden Grundlagen permanent zu kompensieren.

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