"Das ist Volksverdummung!" – kaum ein Satz hallte im Bundestag lauter nach als dieser Ausruf von Alice Weidel, Fraktionsvorsitzende der AfD. In der Generaldebatte zum Kanzleretat schoss sie scharf gegen Friedrich Merz und warf ihm eine Politik der Irreführung, eine Explosion der Staatsschulden und sogar eine persönliche Karriereplanung im Dienste künftiger Lobbyinteressen vor.
Der CDU-Kanzler, so Weidel, habe sein Wahlversprechen gebrochen und das Vertrauen der Bürger missbraucht.
Ein schmutziger Schlagabtausch auf offener Bühne
Die Generaldebatte geriet damit zum rhetorischen Schlagabtausch über Grundsatzfragen der Republik. Weidel beschrieb die Haushaltspläne der schwarz-roten Koalition als "Schuldenorgie" und kritisierte mit besonderer Schärfe die Einwanderungspolitik, die ihrer Ansicht nach gezielt auf eine "Transformation des Staatsvolks" abziele.
Der deutsche Pass sei zur "Ramschware" verkommen, Einbürgerungen förderten Kriminalität und untergrüben die Loyalität zur Nation. Der Verbalradikalismus gipfelte in der Behauptung, das Bürgergeld sei de facto ein "Migrantengeld".
Persönliche Provokation inklusive
Besonders scharf zielte Weidels Rede auf die Queerbeauftragte der Bundesregierung, Sophie Koch. Ihre Äußerung, Koch solle eine afghanische Großfamilie bei sich aufnehmen, um die "Kompatibilität mit ihrem queeren Lebensstil" zu testen, sorgte für empörtes Raunen im Plenum.
Es war eine gezielte Provokation, wie sie in dieser Form selbst im rauen Ton des Bundestags selten vorkommt.

Kanzler Merz reagiert staatsmännisch, aber klar
Friedrich Merz konterte ruhig, aber bestimmt. Er wies Weidels Vorwürfe als "Halbwahrheiten, üble Nachrede und persönliche Herabsetzungen" zurück. Die pauschale Abwertung der Regierungsarbeit durch die AfD sei nicht nur substanzlos, sondern auch eine Gefahr für den demokratischen Diskurs.
Deutschland, so Merz, brauche internationale Partner und einen respektvollen Umgang mit Minderheiten. "Nicht mit Schaum vor dem Mund, nicht mit Ausländerdiskriminierung", formulierte der Kanzler in Richtung AfD.
Unternehmenssteuer runter, Ukrainehilfe bleibt
Inhaltlich verteidigte Merz die geplanten Steuerentlastungen für Unternehmen. Mit einem Entlastungsvolumen von über zehn Milliarden Euro sollen ab 2026 Sofortabschreibungen und eine niedrigere Unternehmenssteuer greifen.
Überraschend kam der Applaus von Robert Habeck, Ex-Wirtschaftsminister der Grünen, der damit signalisierte: Wirtschaftspolitik kennt bisweilen Parteigrenzen.
Auch die Ukrainehilfe war Teil der Rede. Merz bekräftigte, dass diese Maßnahmen nicht nur der Solidarittät dienten, sondern auch der eigenen Verteidigungsfähigkeit und Stabilität.
Der Kanzler sieht darin einen "wichtigen Schritt zur Wiederherstellung unserer Wehrfähigkeit" – ein deutlicher Kontrast zur eher isolationistischen Haltung der AfD.
Ein Blick in die Seele der Republik
Die Debatte über den Kanzleretat wurde zur Projektionsfläche zweier widerstreitender Weltbilder. Auf der einen Seite: ein Kanzler, der das Bild eines offenen, wirtschaftlich starken und europäisch eingebundenen Deutschlands zeichnet.
Auf der anderen Seite: eine Oppositionschefin, die die Nation als Opfer eines politischen Umbaus inszeniert und in schrillen Tönen vor dem vermeintlichen Identitätsverlust warnt.
Die rhetorische Eskalation im Bundestag war nicht nur Symbol für den scharfen Ton in der politischen Auseinandersetzung, sondern auch ein Weckruf für die Gesellschaft. Es geht längst nicht mehr nur um Haushaltsposten. Es geht um die Frage, in welchem Land wir leben wollen.
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