02. Juni, 2025

Finanzen

Was sich bei der Abgeltungsteuer jetzt wirklich ändert

Das Bundesfinanzministerium hat ein 137-seitiges Schreiben zur Abgeltungsteuer veröffentlicht. Fünf neue Regeln überraschen, einige entlasten gezielt Anleger. Andere werfen verfassungsrechtliche Fragen auf. Ein Überblick, der zeigt, was jetzt zählt.

Was sich bei der Abgeltungsteuer jetzt wirklich ändert
Die Übergangsregel für wertlose Aktien könnte als indirekte Reaktion auf das laufende Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht gewertet werden. Noch ist unklar, ob das aktuelle System überhaupt verfassungsgemäß ist.

Die Änderung kommt nicht in Form eines Gesetzes, sondern in Form von 137 Seiten trockener Verwaltungsanweisung.

Doch das Schreiben des Bundesfinanzministeriums zur Abgeltungsteuer hat es in sich: Es bringt stille Erleichterungen für Anleger, kritische Rückfragen zur Verfassungsmäßigkeit mancher Regelungen – und fördert zugleich skurrile Realitäten zutage, etwa dass eine langsame Bank-IT zur Steuergestaltung taugt.

1. Wertlose Aktien: Wer eine langsame Bank hat, spart Steuern

Normalerweise können Aktienverluste nur mit Aktiengewinnen verrechnet werden – eine Regelung, die 2020 eingeführt wurde und seither heftig kritisiert wird. Nun erlaubt das Finanzministerium aus "Vereinfachungsgründen" eine kuriose Praxis: Wenn Banken technisch nicht rechtzeitig umstellen, dürfen sie Verluste aus wertlosen Aktien übergangsweise weiterhin wie früher behandeln.

Das heißt: Anleger können sie mit sonstigen Kapitalerträgen verrechnen. Eine Ausnahme, die faktisch zum Steuersparmodell werden kann – zumindest bis Ende 2025.

2. Nutzungsersatz ist kein Kapitalertrag mehr

Wer früher einen Kreditvertrag widerrief und Zinsen oder Kontoführungsgebühren zurückerhielt, musste darauf Abgeltungsteuer zahlen.

Diese Praxis ist nun Geschichte: Der sogenannte Nutzungsersatz ist laut BMF-Schreiben kein Kapitalertrag mehr. Gut für Bankkunden – und Rücksicht auf den Steuerpflichtigen, die im Steuerrecht oft Mangelware ist.

3. Nießbrauch: Wer kassiert, zahlt

Bei Nießbrauchskonstruktionen erhält z. B. der Vater weiterhin die Erträge eines an das Kind überschriebenen Depots. Bisher war unklar, wem die Kapitalerträge steuerlich zuzurechnen sind.

Jetzt sagt das BMF: wirtschaftliches Eigentum entscheidet. Sprich: Wer die Erträge kassiert und das Depot verwaltet, muss auch versteuern. Damit orientiert sich die Verwaltung an der BFH-Rechtsprechung. Gut für Klarheit – schlecht für kreative Schenkungsmodelle.

4. NV-Bescheinigung: Endlich auch mit Verlustverrechnung

Wer eine NV-Bescheinigung besitzt (etwa Rentner oder Studierende), konnte bisher keine Verluste verrechnen. Diese Sperre fällt nun. Verlustvorträge und die Anrechnung von Quellensteuer sind künftig möglich.

Eine echte Erleichterung für alle, deren Kapitaleinkünfte unterhalb des Grundfreibetrags liegen, aber nicht lückenlos von der Abgeltungsteuer profitieren konnten.

5. Plattformsteuer: Pflicht zur Nachmeldung, wenn das Geld fehlt

Wer über Plattformen wie Estateguru oder Bondora investiert, muss für die Abgeltungsteuer ein Guthaben auf dem Verrechnungskonto bereitstellen.

Neu ist: Wenn das nicht reicht, muss die Plattform dies dem Anleger melden – erst wenn dieser nicht reagiert, wird das Finanzamt informiert. In der Pflicht bleibt aber der Anleger. Und wer glaubt, so aus der Steuerpflicht herauszukommen, irrt: Es droht die Nachversteuerung.

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