Wer heute noch glaubt, Höflichkeit sei ein Wettbewerbsvorteil, sollte sich mit dem Kommunikationsverhalten der erfolgreichsten Konsumgüterkonzerne auseinandersetzen.
Burger King und McDonald’s, Pepsi und Coca-Cola – die bekanntesten Marken der Welt leben von einem Dauerclinch, der nicht nur in TV-Spots, sondern längst auf Twitter, Instagram und TikTok ausgetragen wird.
Jetzt liefert eine Studie unter Leitung von Johannes Berendt von der Universität Hannover erstmals empirisch belastbare Hinweise, dass gezielte Seitenhiebe auf Wettbewerber dem Geschäft keineswegs schaden – im Gegenteil: Sie wirken wie ein Turbo für Reichweite, Engagement und sogar Kaufabsicht.
1,5 Millionen Tweets im Dienste der Wissenschaft
Das Forscherteam analysierte für ihre Untersuchung über 1,5 Millionen Social-Media-Posts großer Marken. Die Ergebnisse sind eindeutig: Je prominenter ein direkter Hauptkonkurrent erwähnt wurde – insbesondere in negativer Tonalität –, desto mehr Likes, Retweets und Kommentare generierten die Beiträge.
Dabei war es völlig unerheblich, ob der Spott gerechtfertigt war. Entscheidend war allein die erkennbare Rivalität.
Vor allem dann, wenn zwischen den Marken eine längere „Fehdehistorie“ bestand – wie zwischen Coca-Cola und Pepsi – stieg das Engagement messbar an. „Das Publikum liebt die Auseinandersetzung“, sagt Berendt. „Sie verleiht der Marke Profil – vor allem in überfüllten Märkten mit austauschbaren Produkten.“
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Experimente mit Wirkung
Drei ergänzende Experimente untermauerten das Datenmaterial. So wurden 564 Facebook-Nutzerinnen und -Nutzern Werbeanzeigen von Burger King gezeigt – entweder neutral oder mit einer Spitze gegen McDonald's oder KFC.
Jene, die eine emotionale Verbindung zur Rivalität hatten, reagierten deutlich stärker: Sie likten mehr, kommentierten häufiger und zeigten sogar eine höhere Kaufbereitschaft.
Warum das funktioniert: Tribalismus im Kapitalismus
Aus Marketingsicht ergibt die Sache Sinn. Konsumenten lieben es, Teil eines Lagers zu sein. Wer Pepsi trinkt, trinkt meist bewusst kein Coke. Wer Apple nutzt, will kein Samsung. Der Effekt ist vergleichbar mit Fanloyalität im Fußball: Wer für die eine Seite ist, feuert automatisch gegen die andere.
Diese klare Lagerbildung, so die Studienautoren, verstärkt nicht nur die Markenidentifikation, sondern reduziert auch die kognitive Komplexität der Produktwahl. Ein klarer Feind macht eine Marke für Stammkunden greifbarer – und im besten Fall zur Haltungssache.
Aber Achtung, Fallhöhe
So clever das Prinzip ist – es birgt auch Risiken. Unternehmen, die Rivalität zu sehr ausreizen, laufen Gefahr, zynisch oder gar kindisch zu wirken. Besonders neue oder kleinere Marken sollten vorsichtig sein: Wer den Giganten herausfordert, muss mehr zu bieten haben als bloß Spott.
Zudem gilt die Wirkung vor allem für Bestandskunden. Wer seine Markenbotschaften auf hämische Vergleiche aufbaut, riskiert, potenzielle Neukunden abzuschrecken. Berendt warnt: „Das Mittel der Rivalitätsansprache wirkt am besten, wenn die Marke bereits ein klares Profil und ein loyal verbundenes Publikum hat.“
Marke mit Meinung statt Everybody’s Darling
Was bleibt, ist eine Erkenntnis, die Werbern wie Strategen gefallen dürfte: In einer Zeit, in der viele Marken verzweifelt nach Differenzierung suchen, liefert der gut platzierte Gegner genau das Quäntchen Reibung, das es braucht. Rivalität macht Marken kantiger, greifbarer – und emotional aufgeladener.
Solange Unternehmen wissen, was sie tun – und nicht aus Frust, sondern aus Strategie austeilen –, kann der Wettbewerb mit dem Erzrivalen zur besten Marketingidee werden, die man nicht kaufen kann.
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