Die Bewegung wird größer, schneller und globaler. Immer mehr Vermögende verlegen ihren Wohnsitz – und damit ihr Kapital – ins Ausland. Für 2026 rechnet die Beratungsfirma Henley & Partners mit einem neuen Rekord: 165.000 Millionäre werden ihr Heimatland verlassen. Noch nie zuvor wurden so viele internationale Vermögensmigrationen gezählt.
Die Zahl markiert einen Wendepunkt. Gegenüber dem Vorjahr entspricht das einem Plus von 16 Prozent. Schon 2025 hatten mit 142.000 Auswanderern historische Höchststände erreicht. Der Trend ist nicht zyklisch, sondern strukturell – und er verändert die wirtschaftliche Landkarte.
Mobilität wird zur Vermögensstrategie
Was früher Ausnahme war, ist für Hochvermögende zur strategischen Option geworden. Seit der Pandemie haben sich Prioritäten verschoben. Wohnsitzwahl folgt nicht mehr allein familiären oder geschäftlichen Bindungen, sondern steuerlichen Rahmenbedingungen, politischer Planbarkeit und persönlicher Lebensqualität.

Henley & Partners beobachtet diese Entwicklung seit über zehn Jahren. Neu ist die Dynamik. Vermögen ist heute hochmobil, ebenso die Personen dahinter. Digitale Geschäftsmodelle, globale Investments und flexible Aufenthaltsregelungen erleichtern den Schritt.
Die Gewinner heißen Dubai, USA und Italien
An der Spitze der Zielländer stehen erneut die Vereinigte Arabische Emirate. Rund 9.800 Millionäre ließen sich 2025 dort nieder. Steuerfreiheit auf Einkommen, politische Stabilität und ein gezielt aufgebautes Luxus-Ökosystem machen Dubai zur ersten Adresse für internationales Kapital.
Die USA folgen auf Platz zwei mit rund 7.500 Zuzügen. Trotz politischer Polarisierung bleiben die Vereinigten Staaten attraktiv – wegen ihres Kapitalmarkts, unternehmerischer Freiheiten und tiefer Innovationsökosysteme.
Überraschend stark präsentiert sich Italien auf Rang drei. 3.600 vermögende Zuzügler wählten 2025 das Land. Steuerliche Sonderregime für Neuzuzügler, Lebensqualität und Immobilienangebote wirken hier zusammen. Allerdings: Italien zieht nur rund ein Drittel des Vermögensvolumens an, das in die Emirate fließt.
Die Schweiz rangiert auf Platz vier. Dahinter folgen mit Griechenland und Portugal zwei weitere europäische Länder, die gezielt um wohlhabende Zuwanderer werben.
Deutschland verliert – leise, aber stetig
Für Deutschland fällt die Bilanz ernüchternd aus. Rund 400 Millionäre verließen das Land. Der damit verbundene Vermögensabfluss beläuft sich laut Henley & Partners auf etwa 1,87 Milliarden Euro. International reicht das nur für hintere Plätze im Ranking.

Auffällig ist, dass der Wegzug nicht explosionsartig verläuft, sondern kontinuierlich. Es sind keine Massenbewegungen, sondern schleichende Abwanderung. Steuerbelastung, regulatorische Unsicherheit und eine als zunehmend restriktiv empfundene Standortpolitik gelten als Hauptgründe.
Auch Frankfurt verliert an Boden
Der Trend zeigt sich nicht nur auf Länderebene. Frankfurt am Main rutschte im globalen Städteranking der Millionärsstandorte um drei Plätze ab. Zwar bleibt die Finanzmetropole ein wichtiger Hub, doch andere Städte holen auf – mit attraktiveren steuerlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen.
Über einen Zeitraum von zehn Jahren betrachtet ist das Bild dennoch ambivalent. Die Zahl der Millionäre in Deutschland ist in diesem Zeitraum um rund zehn Prozent gestiegen. Das Land verliert also nicht seinen Reichtum – aber an relativer Anziehungskraft.
Vermögen folgt der Berechenbarkeit
Der Global Wealth Migration Report zeigt vor allem eines: Hochvermögende reagieren sensibel auf politische und fiskalische Signale. Länder, die klare Regeln, langfristige Steuerkonzepte und internationale Offenheit bieten, profitieren überproportional. Staaten mit wachsender Unsicherheit verlieren – auch ohne dramatische Einschnitte.
Für Deutschland ist das ein stilles Warnsignal. Der Abfluss ist überschaubar, aber konstant. In einer Welt mobiler Eliten entscheidet nicht mehr nur wirtschaftliche Stärke, sondern Verlässlichkeit.
Die Millionäre haben ihre Wahl längst getroffen – und sie fällt immer seltener auf die Heimat.



