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Warum Lufthansa weiter auf die 747-8i setzt (FRA-MIA)
Mit dem Jumbo in den Sunshine State: Warum Miami für Lufthansa profitabler ist als man denkt – und was das über den Kampf um Premiumkunden zeigt
Mit dem Jumbo in den Sunshine State: Warum Miami für Lufthansa profitabler ist als man denkt – und was das über den Kampf um Premiumkunden zeigt
Miami, 22:45 Uhr Ortszeit. Der Vierstrahler rollt an Gate J17. Über 400 Passagiere steigen aus der Boeing 747-8i, dem letzten echten Jumbojet, den Lufthansa noch im Liniendienst einsetzt.
Die Route: Frankfurt–Miami, täglich, ganzjährig – und fast immer voll. Warum schickt die Lufthansa ausgerechnet nach Florida ihr Prestige-Flugzeug mit First Class und über 80 Business-Plätzen?
Die Antwort liegt im Premiumsegment – und in den verschobenen globalen Reiseströmen der Nach-Covid-Welt.
Die 747-8i ist kein gewöhnliches Flugzeug. 76 Meter lang, vier Triebwerke, Platz für bis zu 364 Passagiere – davon 88 in Business, 8 in First, 244 in Economy.
Lufthansa betreibt derzeit noch acht dieser Maschinen, meist auf Strecken nach Nordamerika oder Asien. Doch kaum eine Route ist so profitabel wie LH462 nach Miami.
Laut Daten von Cirium und ch-aviation liegt die durchschnittliche Sitzauslastung der Lufthansa auf dieser Strecke bei über 85 % – in der Business Class teilweise über 90 %.
Und das bei Ticketpreisen von teils 6.000 Euro aufwärts in der Hochsaison.
Die Route gehört zu den profitabelsten Nordamerika-Verbindungen im Lufthansa-Netz – trotz starker Konkurrenz durch American Airlines, Delta und Swiss.
Was hat sich geändert? Früher galt Miami vor allem als Rentner- und Pauschalziel. Doch seit der Pandemie hat sich die Nachfrage verschoben.
Vermögende Europäer, die sich in Florida Zweitwohnsitze zulegten, Geschäftsreisende aus der Immobilien- und Tech-Branche sowie eine neue Krypto-Elite aus Deutschland, der Schweiz und Österreich haben Miami als Premiumziel etabliert.
Zudem bietet Florida ganzjährig sonniges Wetter, steuerliche Vorteile – und im Gegensatz zu Kalifornien eine eher unternehmensfreundliche Regulierung. Lufthansa reagierte darauf mit einem klaren Signal: Dort, wo Premiumnachfrage steigt, kommt die 747-8i.
Lufthansa hat ein Ziel: Margenstarke Passagiere in den eigenen Vertriebskanal holen – und zwar möglichst in Business und First.
Der Direktflug nach Miami ermöglicht, im Gegensatz zu Verbindungen via Newark oder Chicago, eine bessere Kontrolle über Produkt, Timing und Pricing.
Zudem punktet die 747-8i mit einer echten First Class – was neue A350 oder 787-Modelle (noch) nicht bieten. Der Flug LH462 wird so zum Flaggschiff im Kampf um High-Yield-Kunden, die direkt über Lufthansa.com buchen – ohne Zwischenhändler.
Hinzu kommt: Der Nachtflug zurück (LH463) ermöglicht ein produktives Tagesprogramm in Miami – bei gleichzeitig minimaler Zeitverschiebung. Ein unschlagbares Argument für Business Traveller.
Doch die Strategie hat auch Risiken. American Airlines fliegt Miami–Frankfurt ebenfalls täglich. Swiss und Air France greifen das Premiumsegment mit attraktiven Preisen und moderneren Kabinen an.
Lufthansa kontert mit dem „Allegris“-Kabinenkonzept – allerdings erst ab Mitte 2025 flächendeckend. Bis dahin bleibt die 747-8i ein Spagat: technisch alt, wirtschaftlich stark, ökologisch schwierig.
Laut interner Berichte liegt der CO₂-Ausstoß pro Passagier auf der Strecke über dem Flottendurchschnitt, was gerade im ESG-Kontext bei institutionellen Kunden kritisch beobachtet wird.
Dass Lufthansa ausgerechnet nach Miami täglich ihren Jumbo schickt, ist kein Zufall. Es ist ein Spiegelbild globaler Reiseströme, wachsender Premiumnachfrage und einer Strategie, die auf Kontrolle und Wertschöpfung setzt.
Für Lufthansa ist Miami mehr als ein Urlaubsziel. Es ist ein Knotenpunkt für globale Vermögen, neue Märkte – und ein Testfeld für die Premiumstrategie von morgen.
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