28. Oktober, 2025

Politik

Wadephul sagt China-Reise kurzfristig ab – diplomatische Eiszeit zwischen Berlin und Peking

Der Besuch sollte ein Signal der Annäherung werden. Stattdessen verschiebt Außenminister Johann Wadephul seine geplante China-Reise auf unbestimmte Zeit. Offiziell liegt es an „nicht bestätigten Terminen“ – doch in Wahrheit steckt weit mehr dahinter.

Wadephul sagt China-Reise kurzfristig ab – diplomatische Eiszeit zwischen Berlin und Peking
Die abgesagte China-Reise zeigt, wie tief das Misstrauen zwischen Berlin und Peking inzwischen reicht. Was als diplomatische Geste geplant war, wird zum Symbol einer Beziehung, die zwischen Partnerschaft und Rivalität schwankt.

Reise abgesagt, Vertrauen auf Eis

Nur wenige Tage vor Abflug hat das Auswärtige Amt die geplante China-Reise von Außenminister Johann Wadephul (CDU) gestoppt. „Wir verschieben die Reise auf einen späteren Zeitpunkt“, hieß es nüchtern aus Berlin. Die chinesische Seite habe die Termine „nicht bestätigen können“. Hinter dieser diplomatisch verpackten Erklärung steht ein deutliches Zeichen: Das Verhältnis zwischen Berlin und Peking ist angespannter, als es die Bundesregierung offen zugibt.

Wadephul wäre der erste Minister unter Kanzler Friedrich Merz gewesen, der China besucht. Ein symbolischer Besuch – und nun ein symbolischer Rückschlag.

Streit um Taiwan und Wirtschaft

Der Zeitpunkt der Absage ist kein Zufall. In Peking wächst der Unmut über Deutschlands Haltung in der Taiwan-Frage. Während Berlin offiziell am Ein-China-Prinzip festhält, fordert Wadephul offen die Wahrung des Status quo und kritisiert die zunehmende militärische Drohkulisse Chinas in der Taiwanstraße. Das Pekinger Außenministerium reagierte ungewöhnlich scharf: Die deutsche Haltung komme einer „Unterstützung separatistischer Aktivitäten“ gleich.

Diese Worte markieren eine neue Eskalationsstufe. Deutschland versucht seit Monaten, seine Abhängigkeit von China zu verringern – ohne die diplomatischen Brücken abzubrechen. Doch Pekings jüngste Exportkontrollen auf Seltene Erden und Halbleiter-Rohstoffe haben die Spannungen verschärft. Für die deutsche Industrie, die auf diese Materialien angewiesen ist, gleicht das einem Weckruf.

Wadephuls klare Kante

Wadephul selbst gilt als Kritiker Chinas – deutlich direkter als viele seiner Vorgänger. Er wirft Peking vor, die militärische Kontrolle im Indopazifik auszuweiten und die freie Schifffahrt in der Region zu gefährden. Auch die Nähe der Volksrepublik zu Russland im Ukrainekrieg sieht er mit wachsender Sorge. „China hat Einfluss auf Moskau – und muss ihn nutzen, wenn es Frieden wirklich will“, sagte er zuletzt in Ankara.

Dass nun ausgerechnet seine erste Asienreise platzt, zeigt, wie brüchig die Gesprächsbereitschaft auf beiden Seiten ist.

Ökonomische Schieflage

Parallel zum diplomatischen Frost gerät auch die wirtschaftliche Beziehung ins Wanken. Die deutsche Industrie klagt über fehlende Planungssicherheit. Peking begrenzt den Export seltener Rohstoffe, die für Elektromotoren, Windkraftanlagen und Chips unverzichtbar sind – und reagiert damit indirekt auf die westlichen Sanktionen im Technologiebereich.

Unternehmen wie Siemens, Bosch oder Infineon versuchen fieberhaft, alternative Lieferketten aufzubauen. Doch kurzfristig bleibt China in vielen Sektoren alternativlos. Ein weiterer diplomatischer Bruch wäre daher auch ein Risiko für die deutsche Wirtschaft.

Zwischen Kooperation und Konfrontation

Berlin steckt in einem Dilemma. Einerseits will die Bundesregierung China als Handelspartner nicht verlieren – der chinesische Markt bleibt für deutsche Konzerne enorm wichtig. Andererseits wächst der politische Druck, sich außenpolitisch klarer zu positionieren.

Kanzler Friedrich Merz verfolgt eine härtere Linie als seine Vorgänger, spricht offen über strategische Abhängigkeiten und kritisiert Chinas Umgang mit Russland. Doch je deutlicher Deutschland auf Distanz geht, desto kühler wird der Ton aus Peking.

Ein diplomatischer Balanceakt

Die abgesagte Reise ist mehr als ein Kalendereintrag, der verschoben wurde. Sie ist Ausdruck einer schleichenden Entfremdung zwischen zwei Wirtschaftsmächten, die lange pragmatisch miteinander umgingen. Wadephul wollte ein Gespräch eröffnen – Peking hat es vertagt.

Ob und wann der Außenminister seinen Besuch nachholen kann, ist offen. Klar ist: Deutschland steht außenpolitisch an einem Wendepunkt. Zwischen moralischer Haltung, wirtschaftlicher Vernunft und geopolitischer Realität muss Berlin einen Kurs finden, der weder naiv noch konfrontativ ist.

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