Volkswagen zieht die Kostenschraube an – diesmal nicht abstrakt, sondern spürbar. Ab dem 1. Januar 2026 werden die Tarifgehälter bei der Kernmarke VW eingefroren. Keine Lohnerhöhungen, keine Höhergruppierungen, ein Jahr Stillstand. Intern heißt das nüchtern „Gehaltsfreeze“. In den Werken sorgt es für Unruhe.
Der Schritt ist Teil eines tiefgreifenden Umbaus des Entgeltsystems und zugleich ein klares Sparsignal. Für die Beschäftigten bedeutet er vor allem eines: Verzicht ohne unmittelbare Perspektive auf Ausgleich.

Der Sparkurs erreicht die Belegschaft
Dass Volkswagen sparen muss, ist kein Geheimnis. Neu ist, wie konsequent der Konzern nun vorgeht. Der Gehaltsstopp gilt konzernweit für alle Tarifbeschäftigten und für das gesamte Jahr 2026. Er ist nicht als kurzfristige Maßnahme gedacht, sondern als ordnender Eingriff in eine Übergangsphase.
Hintergrund ist eine bereits im Dezember vereinbarte Reform zwischen Volkswagen und der IG Metall. Im sogenannten Weihnachtskompromiss einigten sich beide Seiten darauf, das historisch gewachsene und extrem komplexe Lohnsystem grundlegend umzubauen. Die offiziellen Verhandlungen begannen ungewöhnlich früh, bereits Mitte November 2025.
Ein Lohnsystem aus einer anderen Zeit
Volkswagen leidet unter einem Entgeltsystem, das über Jahrzehnte gewachsen ist – und kaum noch steuerbar erscheint. Derzeit existieren 167 unterschiedliche Tätigkeitsbeschreibungen und rund 6.000 Arbeitssysteme. Vergleichbarkeit ist schwierig, Transparenz begrenzt, Anpassungen sind aufwendig.
Ab dem 1. Januar 2027 soll ein einheitliches Bewertungs- und Eingruppierungssystem gelten. Der Gehaltsfreeze soll verhindern, dass es während der Umstellung zu Verschiebungen und Ungleichgewichten kommt. Aus Sicht des Konzerns ist das ein technischer Schritt. Für die Belegschaft fühlt es sich wie ein Einschnitt an.
Sechs Prozent weniger Lohnvolumen sind das eigentliche Ziel
Der Gehaltsstopp ist nicht isoliert zu betrachten. Volkswagen und IG Metall haben vereinbart, das Gesamtvolumen der Tariflöhne langfristig um sechs Prozent zu senken. Das ist die eigentliche Dimension des Sparprogramms.

Die Einsparungen sollen vor allem über Neueinstellungen erfolgen, also über niedrigere Einstiegsgehälter im neuen System. Bestehende Mitarbeiter müssen keine direkten Gehaltskürzungen hinnehmen. Doch der Effekt ist klar: Der Lohndruck verlagert sich in die Zukunft, und der Einstellungsstopp verstärkt ihn zusätzlich.
Für den Konzern ist das ein Weg, Personalkosten strukturell zu senken, ohne offene Konflikte über Lohnkürzungen zu provozieren.
Auch das Management zahlt mit
Volkswagen vermeidet bewusst den Eindruck, die Einschnitte träfen nur die Belegschaft. Rund 4.000 Führungskräfte in Deutschland müssen 2026 geringere Boni akzeptieren. Das Jahresgehalt sinkt im Schnitt um etwa acht Prozent. Im Tarif Plus wurden variable Komponenten deutlich gekappt.
Auch der Vorstand beteiligt sich. Für 2025 und 2026 verzichtet das Gremium auf elf Prozent der Barvergütung. Variable Anteile stehen zusätzlich unter Druck, da die Ertragslage schwach bleibt. Symbolisch ist das wichtig, finanziell für den Konzern jedoch nachrangig.
Der Umbau ist größer als ein Sparprogramm
Der Gehaltsfreeze ist kein isolierter Sparakt, sondern Teil eines umfassenden Strukturwandels. Volkswagen steht unter massivem Druck: schwache Margen, hohe Investitionen in Elektromobilität und Software, harte Konkurrenz aus China. In diesem Umfeld wird jede Kostenposition neu bewertet – auch jene, die lange als unangreifbar galten.
Für die Arbeitnehmer ist das ein Bruch mit Gewissheiten. Tarifverträge galten bei VW lange als Garant für planbare Einkommensentwicklung. Dieses Versprechen wird nun zumindest temporär ausgesetzt.
Was der Schritt für Anleger bedeutet
Aus Investorensicht ist die Maßnahme ein zweischneidiges Signal. Einerseits zeigt Volkswagen, dass der Konzern bereit ist, auch intern unpopuläre Entscheidungen zu treffen, um Kosten zu senken und Strukturen zu modernisieren. Das erhöht die Glaubwürdigkeit des angekündigten Umbaus.
Andererseits birgt der Kurs Risiken. Motivationsverlust, Vertrauensschäden und potenzielle Konflikte mit der Belegschaft könnten die Umsetzung belasten. Ob die Reform am Ende Effizienzgewinne bringt, wird sich erst ab 2027 zeigen.
Der Ton bei Volkswagen wird rauer
Der Gehaltsstopp markiert eine Zäsur. Volkswagen verabschiedet sich weiter von der Komfortzone vergangener Jahrzehnte. Der Konzern setzt auf Ordnung, Kostenkontrolle und Vereinfachung – auch wenn das intern schmerzt.
Für die Beschäftigten bedeutet 2026 ein Jahr des Stillstands. Für Volkswagen ist es ein weiteres Jahr, in dem sich entscheidet, ob der Umbau trägt. Und für Anleger ist es ein Signal: Der Konzern meint es ernst mit dem Sparen – und ist bereit, dafür auch soziale Spannungen in Kauf zu nehmen.



