Ungarn steht vor dem dauerhaften Verlust von über einer Milliarde Euro an EU-Fonds, da anhaltende Konflikte mit Brüssel die wirtschaftliche Erholung des Landes behindern und Premierminister Viktor Orbáns Wiederewahlkampf für 2026 erschweren. Die eingefrorenen Fördermittel treffen Budapest in einer schwierigen Phase, da das Haushaltsdefizit bei mehr als 4,5 Prozent des BIP liegt und die politischen Spannungen zunehmen. Die ungarische Wirtschaft befindet sich in einer technischen Rezession, nachdem sie im dritten Quartal um 0,7 Prozent geschrumpft ist. Ursächlich dafür sind schwache Entwicklungen in den Schlüsselindustrien wie der Automobil-, Elektronik- und Pharmaindustrie. Von den eingefrorenen 6,3 Milliarden Euro an EU-Hilfen wird Ungarn 1,04 Milliarden Euro endgültig verlieren, weil diese Mittel bis Ende 2024 zugewiesen werden müssen. Zudem verliert Ungarn täglich eine Million Euro an EU-Zuschüssen wegen der illegalen Behandlung von Asylbewerbern, wodurch sich die Ausfälle bis zum Jahresende auf 200 Millionen Euro summieren. Bereits im Juni wurde Ungarn vom Europäischen Gerichtshof zu einer einmaligen Geldstrafe von 200 Millionen Euro wegen Verstößen gegen Asylregeln verurteilt. Insgesamt blockiert Brüssel 19 Milliarden Euro an Wiederaufbaufonds nach der Pandemie. János Bóka, ungarischer Minister für EU-Angelegenheiten, kritisierte die Sperrung als "politischen Druck" und kündigte Maßnahmen zur Abhilfe an. Die Oppositionspartei unter Péter Magyar sieht in Orbáns Politik der vergangenen 14 Jahre die Wurzel des wirtschaftlichen Niedergangs und fordert Veränderung. Die EU-Mittel bleiben bis zu den Wahlen blockiert, da grundsätzliche Differenzen in Fragen wie Korruptionsbekämpfung und Minderheitenrechte bestehen bleiben. Bis Mitte Januar sollen sich beide Parteien auf einen Kompromissplan für 2025 bis 2028 einigen. Wirtschaftsexperten erwarten jedoch einen zähen Verhandlungsprozess. Ungarns Wirtschaftsminister Márton Nagy sieht in den fehlenden EU-Mitteln eine große Lücke, die nicht allein durch nationale Anstrengungen geschlossen werden kann. Anstatt öffentliche Ausgaben zu erhöhen, schlägt Nagy vor, private Pensionsfondssparer könnten ihr Guthaben für Immobilieninvestitionen steuerfrei nutzen. Viktor Orbán hofft derweil auf Investitionen aus Asien, insbesondere China, um das Finanzloch zu füllen. Doch Experten sind skeptisch, ob dies ausreicht, um die abwesenden EU-Mittel vollständig zu ersetzen.
Wirtschaft
Viktor Orbán im EU-Finanzstreit: Budapest verliert permanent Zugang zu Milliardenhilfen
