Washington sagt Nein
Eigentlich hätte das Abschlussdokument des G7-Gipfels ein klares Signal senden sollen: Die führenden westlichen Industrienationen verurteilen geschlossen die russischen Angriffe auf die Ukraine.
Doch dazu kam es nicht. Ausgerechnet die USA, traditionell wichtigster Verbündeter Kiews, legten ihr Veto ein – und blockierten die Erklärung. Kanada, Gastgeber des Treffens, bestätigte das öffentlich.
Die übrigen sechs Staaten – Deutschland, Frankreich, Italien, Großbritannien, Japan und Kanada – wollten die Verurteilung. Aber ohne Washington blieb das Papier liegen.
Selenskyj reist an – und steht allein da
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj war eigens nach Kananaskis angereist, um vor dem Nato-Gipfel in Den Haag noch einmal an die Einigkeit des Westens zu appellieren.
Seine Erwartungen waren klar: Militärhilfe, Rückendeckung – und vor allem ein Treffen mit US-Präsident Donald Trump. Doch es kam anders. Trump reiste schon am ersten Gipfeltag ab, mit Verweis auf die Lage im Nahen Osten. Für Selenskyj blieb nur das Gruppenfoto.
Trump hat andere Sorgen
Trumps früher Abflug war kein Zufall. In Washington wuchs der Druck wegen der Eskalation zwischen Israel und dem Iran. Kaum gelandet, verschärfte er den Ton gegenüber Teheran, forderte offen eine „Kapitulation“ des Regimes und rief sein Sicherheitskabinett zusammen. Für die Ukraine war da kein Platz mehr.
Dass Trumps Delegation später auch noch die G7-Erklärung zur Ukraine blockierte, machte deutlich: Der Fokus der USA liegt derzeit woanders.

Merz bleibt bemüht optimistisch
Bundeskanzler Friedrich Merz versuchte, den Schaden zu begrenzen. Es gebe „einen Konsens“, die Ukraine weiterhin zu unterstützen, sagte er. Und: Auch in den USA werde es bald neue Sanktionen gegen Russland geben.
Merz sprach sogar von „vorsichtigem Optimismus“. Doch dass der wichtigste NATO-Partner ein solches Signal verhindert, lässt sich schwer wegmoderieren.
Ein Gipfel mit Ausweichmanövern
Statt einer Ukraine-Erklärung einigte sich die G7 auf sechs andere Themenpapiere: über künstliche Intelligenz, Migration und Rohstoffe. Alles wichtig, alles richtig – aber kein Ersatz für die ausgefallene Solidaritätsbekundung.
Und auch ein weiteres Ziel blieb unerreicht: Merz, Macron und Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni wollten Trump beim Gipfel zur Einigung im Zollstreit mit der EU bewegen. Doch der US-Präsident ließ sie stehen. „Sie reden nur“, sagte er auf dem Heimflug. Von einem „fairen Deal“ sei keine Spur.
Zwischen Israel und Iran eskaliert es – Trump wählt seine Bühne
Die Eskalation im Nahen Osten war das beherrschende außenpolitische Thema in Trumps Umgebung. Merz zeigte sich in einem ZDF-Interview verständnisvoll. Israel, so sagte er, mache „die Drecksarbeit“ für den Westen.
Im Gespräch mit der Welt ergänzte er: Der Iran sei „in eine Lage versetzt worden, in der man heute sagen kann: Es gibt weder Atomwaffen im Iran noch eine fortgesetzte Terrorfinanzierung in diesem Ausmaß.“
Für die einen ist das eine klare Haltung – für andere eine gefährliche Vereinfachung.
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