In ihrer jüngsten Rede vor dem Europäischen Parlament in Straßburg hat EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen die Diskussion über die Einführung von Altersgrenzen für die Nutzung sozialer Medien angestoßen. Sie kündigte an, dass bis zum Ende des Jahres eine hochrangige Expertengruppe beauftragt werden soll, um zentrale Maßnahmen für einen gesamtenuropäischen Ansatz zu entwickeln. Von der Leyen zog Parallelen zu den bestehenden Regulierungen bei Tabak und Alkohol, wo klare Altersgrenzen etabliert sind, um Kinder und Jugendliche zu schützen. Ihrer Ansicht nach sei es an der Zeit, vergleichbare Schutzmechanismen in Bezug auf soziale Medien einzuführen.
In ihrer Rede stellte von der Leyen die Sorgen dar, die viele Eltern hinsichtlich des uneingeschränkten Zugangs ihrer Kinder zu sozialen Plattformen hegen, der durch oft undurchsichtige Algorithmen verschärft wird. Sie betonte: „Wenn es um die Sicherheit unserer Kinder im Internet geht, glaubt Europa an die Verantwortung der Eltern, nicht an die Profite der Konzerne.“ Als positives Beispiel führte sie Australien an, wo bereits entschieden worden ist, dass Jugendliche Plattformen wie X, TikTok, Facebook und Instagram erst ab dem 16. Lebensjahr nutzen dürfen. Diese restriktive Politik könnte als Modell für die zukünftigen Regelungen innerhalb der Europäischen Union dienen.
Eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov bestätigt, dass das Thema auch in Deutschland auf breite Unterstützung stößt. Über 70 Prozent der Deutschen sind für die Einführung eines Mindestalters für die Nutzung sozialer Medien. Dabei unterstützen 57 Prozent ein Mindestalter von 16 Jahren, während 16 Prozent der Meinung sind, dass der Zugang erst ab 18 Jahren gewährt werden sollte.
In der deutschen politischen Landschaft ist das Thema Altersgrenzen weiterhin umstritten. Während Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) und die Grünen-Politikerin Franziska Brantner sich für solche Maßnahmen einsetzen, bleibt CSU-Chef Markus Söder skeptisch. Er äußerte Bedenken, dass ein Verbot soziale Medien ironischerweise für jüngere Nutzer noch attraktiver machen könnte.
Hendrik Streeck, der Sucht- und Drogenbeauftragte der Bundesregierung, unterstrich die Bedeutung gestaffelter Altersbeschränkungen. Er verwies auf wissenschaftliche Studien, die belegen, dass der Konsum altersunangemessener Medieninhalte das Risiko für süchtiges Verhalten bei Jungendlichen erhöhen kann. Die Europäische Kommission arbeitet bereits an den technischen Voraussetzungen für entsprechende Altersbeschränkungen. Eine Verifizierungs-App zum Jugendschutz ist derzeit in der Entwicklung und soll langfristig in den digitalen EU-Ausweis (eID) integriert werden. Diese Technologie wird ab Ende 2026 eingeführt und könnte auch in Deutschland breite Anwendung finden.