Die Nerven lagen blank. Als UnitedHealth, der größte Krankenversicherer der USA, im Frühjahr nach einem dramatischen Kurseinbruch ins Straucheln geriet, schien das Vertrauen der Anleger erstmals ernsthaft zu bröckeln.
Inzwischen kehrt an der Börse etwas Ruhe ein. Die Aktie hat sich bei rund 300 Dollar stabilisiert und trotzt sogar einem frischen Downgrade durch das Analysehaus Baird. Doch die eigentlichen Probleme sind damit längst nicht gelöst.
Baird sieht strukturelle Risiken bei OptumHealth
Besonders kritisch blickt Analyst Michael Ha auf die Entwicklung der hauseigenen Tochter OptumHealth. Das einstige Wachstumsjuwel innerhalb des Konzerns steht zunehmend unter regulatorischem Druck.
Hintergrund ist die Umstellung auf das neue Risikomodell „v28“ im Medicare-Advantage-System, das von den Centers for Medicare & Medicaid Services (CMS) implementiert wurde. Die neuen Regeln verschärfen die Anforderungen an die Diagnoseschlüssel und könnten mittelfristig die Erstattungen empfindlich treffen.
Ha bleibt grundsätzlich zwar konstruktiv, dämpft aber die Erwartungen. Es gebe genügend Zweifel an der Nachhaltigkeit der bisherigen Strategie von OptumHealth, um eine vorsichtigere Haltung einzunehmen.
Der neue Zielkurs von 312 Dollar liegt immerhin leicht unter dem aktuellen Kursniveau. Besonders die Abhängigkeit von immer aggressiverer Risikokodierung könnte sich im veränderten Umfeld als Schwäche entpuppen.
Der Markt zeigt sich erstaunlich gelassen
Die Anleger aber lassen sich bislang nicht verunsichern. Trotz des Downgrades setzte die Aktie in den vergangenen Tagen sogar zu einer zarten Erholung an.
Offenbar vertrauen viele Investoren weiterhin auf die langfristige Stärke von UnitedHealth, das als breit aufgestellter Marktführer mit robuster Bilanz und hoher Preissetzungsmacht gilt.
Auch die operative Diversifikation – vom klassischen Versicherungsgeschäft über die Gesundheitsversorgung bis zur Apothekenlogistik – bleibt ein Stabilitätsanker.
Die Q2-Zahlen werden zur Bewährungsprobe
Ob die aktuelle Stabilisierung mehr als ein kurzes Aufbäumen ist, dürfte sich spätestens am 29. Juli zeigen.
Dann legt UnitedHealth seine Zahlen für das zweite Quartal vor. Beobachter erwarten erste Hinweise darauf, wie stark die v28-Umstellung tatsächlich durchschlägt – und ob die Sanierungsbemühungen bei OptumHealth greifen.
Vorerst nur für geduldige Anleger geeignet
UnitedHealth bleibt ohne Frage ein Qualitätswert im globalen Gesundheitswesen. Doch kurzfristig könnten die Unsicherheiten rund um OptumHealth für anhaltende Schwankungen sorgen. Neueinstiege drängen sich derzeit nicht auf. Wer bereits investiert ist, dürfte gut beraten sein, die Quartalszahlen abzuwarten.
Disclaimer:
Die InvestmentWeek liefert unabhängige journalistische Analysen. Dieser Artikel stellt keine Anlageberatung dar. Anleger sollten vor einer Investition in Wertpapiere stets ihre individuelle Risikosituation prüfen und sich gegebenenfalls von einem Finanzexperten beraten lassen.