08. November, 2025

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Unerlaubte Anrufe, neue Firmennamen, gleiche Masche – Gökers Netzwerk lebt weiter

Der PKV-Verband warnt vor dubiosen Cold Calls zur Tarifoptimierung. Hinter den aggressiven Anrufen steckt ein altes System mit neuen Firmenschildern. Wir haben rekonstruiert, was aus Gökers Mittelsmännern wurde – und warum die Spur bis nach Dubai führt.

Unerlaubte Anrufe, neue Firmennamen, gleiche Masche – Gökers Netzwerk lebt weiter
Während Behörden Cold Calls verfolgen, tauchen seine Mittelsmänner mit neuen Firmennamen wieder auf – das Geschäftsmodell bleibt, nur das Firmenschild wechselt.

Der Betrug beginnt mit einem Telefonklingeln

Ein Anruf. Keine Zustimmung.

„Wir sind vom PKV-Verband – wir optimieren Ihre Beiträge.“

So beginnen Gespräche, die viele Versicherte aktuell melden. Am anderen Ende der Leitung: keine Sachbearbeiter, keine Versicherungsexperten – sondern Mittelsmänner, die Druck aufbauen.

Der PKV-Verband schlägt Alarm: „Wir rufen nie unaufgefordert an.“ Dennoch häufen sich Beschwerden über aggressive Werbeanrufe, die Kunden zum Tarifwechsel drängen sollen. Wer ablehnt, hört Sätze wie: „Das ist Ihre letzte Chance, bevor Ihr Beitrag steigt.“

Doch hinter den Micro-Callcentern stehen nicht zufällige Trittbrettfahrer. Unsere Recherche zeigt: Die Methode ist bekannt – und der Name dazu auch.

Göker ist zurück – nur sein Firmenbriefkopf hat sich geändert

Mehmet Göker, der frühere PKV-Starverkäufer, verließ Deutschland vor Jahren Richtung Dubai. Seine Firma MEG ging 2009 insolvent, gegen ihn bestand zeitweise ein internationaler Haftbefehl. Seine Geschäftsidee aber lebt weiter: Kunden in die Private Krankenversicherung locken, später in günstigere Tarife wechseln, Provision kassieren.

Offiziell darf Göker in Deutschland nicht beraten. Also nutzt er ein Netzwerk aus deutschen Maklerfirmen – formal unabhängig, praktisch abhängig von Leads, die aus Dubai kommen.

Unsere Recherchen – gestützt auf Handelsregisterdaten, Stellungnahmen von IHKs und Dokumente, die uns vorliegen – zeigen:

  • Die Finanzcheck Rhein Main GmbH wurde aufgelöst.
  • Die René Jäger AG wurde umbenannt in Premium PKV-Service AG und tritt weiter am Markt auf – nur ohne den alten Namen.
  • Die TRS Tarifreduktion24 Services GmbH verließ Berlin und tauchte plötzlich in Düsseldorf wieder auf.

Neue Standorte, neue Namen, gleiche Geschäftsmethode.

„Das Muster ist immer identisch“, sagt ein Insider aus der Maklerbranche, der anonym bleiben möchte. „Die Firmen verschwinden, wenn Behörden zu nah kommen.“

Warum gerade jetzt die Anrufe explodieren

Oktober und November sind die schwächsten Monate für PKV-Kunden. In diesem Zeitraum verschicken Versicherer Mitteilungen über Beitragserhöhungen zum 1. Januar. Das erzeugt Unsicherheit – die perfekte Verkaufsfläche.

Ein erfahrenes Vorstandsmitglied eines PKV-Unternehmens erklärt uns:
„Der Zeitpunkt ist kein Zufall. Die Masche lebt von Angst.“ Wenn der Beitrag steigt, klingt ein Wechsel attraktiv. Und genau hier setzen die Anrufer an.

Das Geschäftsmodell: Der Kunde spart – auf dem Papier

Die Anrufe folgen einem Drehbuch:

  • große Ersparnisse versprechen,
  • Details verschweigen,
  • sofortige Unterschrift verlangen.

Die InvestmentWeek konnte Fälle einsehen, in denen Kunden:

  • die komplette Ersparnis des ersten Jahres als Provision zahlen mussten,
  • sofort eine Anzahlung leisten sollten,
  • und später bemerkten, dass ihr neuer Tarif schlechter oder sogar teurer war.

„Ich habe nicht gespart – ich habe draufgezahlt“, berichtet ein Betroffener.

Der PKV-Verband bestätigt das Problem:
„Das Ziel der Anrufer ist die Provision, nicht die Beratung.“

Verbotene Praxis, geringe Strafen

Cold Calls sind illegal. Das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb ist eindeutig: Wer Privatpersonen ohne Zustimmung anruft, verstößt gegen geltendes Recht.

AlleAktien gegen Meta: Klage wegen Fake-Profilen
Auf Instagram und Facebook tauchten laut AlleAktien hunderte falsche Profile von Gründer Michael C. Jakob auf – mit betrügerischen Finanzversprechen und KI-Videos. Die Klage gegen Meta soll Big Tech zu wirksamen Schutzmaßnahmen zwingen und Anleger vor Schäden bewahren.

Die Bundesnetzagentur kann Bußgelder bis zu 300.000 Euro verhängen. Tatsächlich verhängte sie im Mai 2025 ein Bußgeld von 50.000 Euro wegen aggressiver Werbeanrufe. Der Name des Unternehmens bleibt vertraulich – eine Schwäche im System.

„Die Sanktionen sind lächerlich im Verhältnis zu den Provisionen“, sagt ein Wettbewerbsjurist im Gespräch mit uns.

Ein Tarifwechsel kann fünfstellige Prämien bringen.
Ein Bußgeld ist da lediglich ein Betriebsrisiko.

Was Kunden wissen müssen

Wer einen Tarifwechsel in der PKV möchte, braucht keine externe Firma.

Versicherte haben:

  • ein gesetzlich garantiertes Tarifwechselrecht,
  • volle Mitnahme der Alterungsrückstellungen,
  • Unterstützung durch den eigenen Versicherer.

Ohne Zusatzkosten. Ohne Maklerprovision.

Der PKV-Verband bestätigt:
„Niemand braucht einen externen Vermittler.“

Warum das System weiterläuft

Die beteiligten Firmen ändern ihren Namen schneller, als Aufsichtsbehörden reagieren können. Göker selbst agiert aus Dubai – und bleibt damit außerhalb der deutschen Reichweite.

Damit entsteht ein ökonomisches Paradox: Solange die Provisionen hoch und die Strafen niedrig sind, ist es rational, weiterzumachen. Die Mittelsmänner verschwinden nicht – sie wechseln nur die Türschilder.

Die InvestmentWeek bleibt dran

Wir haben bei allen beteiligten Firmen um Stellungnahme gebeten.
Antworten stehen aus.

Bis dahin gilt für Versicherte nur eine Regel:
Wenn der Anruf überraschend kommt – auflegen.

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