Der nächste große Sprung: Ubers Robotaxi-Offensive
Uber-Chef Dara Khosrowshahi hat sich entschieden: Der Konzern will das Rennen um das autonome Fahren nicht länger nur beobachten – sondern aktiv mitgestalten. Nach Informationen von Brancheninsidern plant Uber, 100 Millionen US-Dollar in Pony AI zu investieren, das kurz vor seinem Börsengang in Hongkong steht. Bereits im Mai hatte der Fahrdienstanbieter dieselbe Summe in WeRide gesteckt, einen weiteren chinesischen Entwickler selbstfahrender Fahrzeuge.
Damit verdoppelt Uber seine Einsätze – und bleibt seiner Strategie treu, nicht selbst Milliarden in Forschung und Entwicklung zu stecken, sondern sich gezielt in Zukunftsplayer einzukaufen. Während Konkurrenten wie Tesla oder Cruise ihre eigenen Systeme aufbauen, setzt Uber auf ein globales Partnernetzwerk.
Chinesische Technologie als Schlüssel zum globalen Markt
Was zunächst nach Outsourcing aussieht, ist in Wahrheit ein Schachzug: Pony AI und WeRide gehören zu den führenden Anbietern von Level-4-Autonomie, also Fahrzeugen, die in klar definierten Szenarien komplett fahrerlos operieren können. Beide Unternehmen testen ihre Systeme bereits erfolgreich in Städten wie Guangzhou, Peking und Abu Dhabi.
Für Uber ist das ein Türöffner in Märkte, in denen regulatorische Barrieren und technologische Standards oft höher liegen als in den USA oder Europa. In Abu Dhabi fahren WeRide-Robotaxis bereits über die Uber-Plattform, während Pony AI Pilotprojekte im Nahen Osten startet. Der Deal verschafft Uber Zugang zu Asiens wachstumsstärksten Mobilitätsmärkten – ohne eigene Flottenkosten.
Das Prinzip ist einfach: Die Partner liefern Hardware und Software, Uber kümmert sich um App, Kundenmanagement und Bezahlung. So testet der Konzern reale Nutzungsszenarien, sammelt Daten und behält den direkten Kundenzugang – das wertvollste Kapital im Plattformgeschäft.
Autonomie als Geschäftsmodell – das Ende der Fahrer-Ära
Das Ziel ist ambitioniert: Bis 2030 sollen bis zu 20 Prozent aller Uber-Fahrten von autonomen Fahrzeugen übernommen werden. Damit würde das Unternehmen einen seiner größten Kostenfaktoren – die Fahrerlöhne – drastisch reduzieren. Heute gehen bei jeder Fahrt rund 50 Prozent der Erlöse an die Fahrer.
Für Khosrowshahi ist klar: „Autonomie wird alltäglich – sicher, skalierbar und global.“ Der Konzern rechnet langfristig mit höheren Margen, stabileren Preisen und einer besseren Auslastung, sobald der menschliche Faktor entfällt. Das Versprechen: Robotaxis, die rund um die Uhr fahren, keine Pausen brauchen und keine Fehler machen.
Doch die Vision hat ihre Tücken. Der Markt ist noch jung, die Technik teuer, die Regulierung komplex. In den USA musste die General-Motors-Tochter Cruise nach einem schweren Unfall ihr Robotaxi-Programm vorerst stoppen. In China werden die Systeme streng überwacht, in Europa ist der Rechtsrahmen noch unklar.
Uber zwischen Risiko und Weitsicht
Trotz der Unsicherheiten sieht Uber seine Zukunft im autonomen Fahren. Der Konzern, der einst selbst an einer eigenen Technologie forschte und Milliarden verlor, hat gelernt: Partnerschaften sind billiger – und flexibler. Kooperationen mit Waymo in den USA und Pony AI in Asien schaffen geografische Diversifikation.
Für Investoren ist das attraktiv: Uber muss keine eigenen Fahrzeuge bauen, keine Fabriken betreiben, keine Wartungskosten tragen. Gleichzeitig sichert sich das Unternehmen Einfluss auf die technologische Entwicklung, ohne sie vollständig kontrollieren zu müssen.

Analysten sehen in dem Schritt eine strategische Absicherung gegen Marktumbrüche. Denn wenn die Robotaxis Realität werden, will Uber nicht Zulieferer, sondern Plattform bleiben – der digitale Marktplatz, auf dem alle autonomen Dienste zusammenlaufen.
Die stille Revolution auf vier Rädern
Hinter den nüchternen Zahlen verbirgt sich ein Paradigmenwechsel: Uber verwandelt sich von einem Fahrdienstvermittler in ein globales Technologie-Ökosystem. Während Tesla seine Fahrzeuge, Google seine Daten und Apple sein Design kontrolliert, will Uber den Verkehr selbst orchestrieren.
Die Investitionen in Pony AI und WeRide sind mehr als bloß Finanzbeteiligungen – sie sind strategische Ankerpunkte in der nächsten Mobilitätsepoche. Sollte der Plan aufgehen, könnte Uber binnen weniger Jahre zu einem der wichtigsten Infrastrukturunternehmen der vernetzten Städtewelt werden.
Doch bis dahin gilt: Autonom fährt nur, wer Geduld hat – und wer früh genug auf die richtigen Partner setzt.

