Sanktionen mit Signalwirkung
Die USA ziehen die Daumenschrauben an. Mit sofortiger Wirkung belegt Washington die beiden größten russischen Ölkonzerne Rosneft und Lukoil mit neuen, weitreichenden Sanktionen. „Diese Firmen finanzieren Putins Kriegsmaschinerie“, erklärte US-Finanzminister Scott Bessent in einer Mitteilung. Die Maßnahmen treffen nicht nur Russland selbst, sondern auch internationale Banken und Geschäftspartner, die weiterhin Geschäfte mit den sanktionierten Unternehmen abwickeln.
Alle Vermögenswerte der betroffenen Konzerne in den USA werden eingefroren, US-Unternehmen dürfen ohne ausdrückliche Genehmigung keine Geschäfte mehr tätigen. Auch ausländische Institute, die mit Rosneft oder Lukoil kooperieren, droht der Ausschluss aus dem US-Finanzsystem. Washington will damit verhindern, dass Russland über Umwege weiterhin Devisen aus dem Energieexport generiert – eine Strategie, die in den vergangenen Monaten durch indische und chinesische Zwischenhändler teilweise umgangen wurde.
Ölpreise steigen – und die Politik zittert
Die Reaktion an den Märkten kam prompt: Der Preis für Brent-Rohöl stieg am Donnerstagmorgen um 3,5 Prozent auf 64,77 Dollar, WTI zog um 3,6 Prozent auf 60,61 Dollar an. Analysten sprechen von einem „Sanktionsschock“, der kurzfristig die Versorgungsängste anheizt, aber langfristig Russlands Exporte empfindlich treffen dürfte.
Das Kalkül der US-Regierung ist klar: Den Kreml finanziell austrocknen, ohne die globalen Energiemärkte in Turbulenzen zu stürzen. Doch das Risiko bleibt, dass steigende Preise die westliche Inflation wieder befeuern – ein Dilemma, das Trump bisher mit markigen Worten überspielt.
Trump stoppt Putin-Gipfel
Noch am Vortag hatte Trump ein Treffen mit Wladimir Putin in Budapest angekündigt – nun zog er die Einladung zurück. „Es fühlte sich einfach nicht danach an, dass wir dahin kommen, wo wir hinkommen müssten“, sagte der Präsident bei einem Treffen mit NATO-Generalsekretär Mark Rutte im Weißen Haus. Hinter dieser lapidaren Formulierung steckt ein diplomatischer Kurswechsel.

Erst vergangene Woche hatte Trump nach einem Telefonat mit Putin überraschend Gesprächsbereitschaft signalisiert. Jetzt geht Washington auf Konfrontation. Das Treffen soll laut US-Diplomaten zwar nicht endgültig vom Tisch sein, doch die Absage zeigt: Trumps Geduld mit Moskau ist begrenzt – zumindest solange Russland keine Anzeichen macht, den Krieg in der Ukraine zu beenden.
EU zieht nach – Indien prüft Importe
Auch die Europäische Union schnürt ein neues Sanktionspaket. Die Mitgliedsstaaten einigten sich auf weitere Maßnahmen gegen russische Energieexporte und planen, Einnahmen aus Gas- und Öllieferungen drastisch zu beschneiden. Gleichzeitig kündigten indische Raffinerien an, ihre Lieferverträge zu überprüfen, um sicherzustellen, dass kein Öl direkt von Rosneft oder Lukoil stammt.
Damit schwindet für Moskau eine seiner letzten stabilen Einnahmequellen. Seit Kriegsbeginn 2022 hat Russland laut Schätzungen des Center for Research on Energy and Clean Air über 500 Milliarden Dollar aus dem Energieexport eingenommen – trotz westlicher Embargos. Die neuen Sanktionen treffen somit den Kern des russischen Staatshaushalts.
Verwirrung um Raketenpolitik
Für zusätzliche Spannung sorgten Berichte des Wall Street Journal, wonach die USA die Beschränkungen für ukrainische Langstreckenraketen gelockert hätten. Demnach sei die Entscheidungsgewalt über grenzüberschreitende Angriffe von Verteidigungsminister Pete Hegseth auf NATO-Kommandeur General Alexus Grynkewich übergegangen – eine Verschiebung, die Kiew größere Handlungsfreiheit verschaffen könnte.
Trump dementierte die Berichte umgehend als „Fake News“. Dennoch meldete die Ukraine kurz darauf den erfolgreichen Einsatz einer britischen „Storm Shadow“-Rakete gegen eine russische Sprengstofffabrik in Brjansk – ein Angriff, der ohne amerikanische Zielkoordinaten kaum möglich wäre.
Unter Trumps Vorgänger Joe Biden war die Nutzung solcher Systeme gegen russische Ziele am Ende seiner Amtszeit noch genehmigt worden. Nach Trumps Amtsantritt galt die Anweisung, dass der Verteidigungsminister jeden Einsatz persönlich absegnen muss. Ob diese Regel tatsächlich noch gilt, ist derzeit unklar – und genau darin liegt das Risiko: strategische Ambivalenz in einem Krieg, der längst globale Dimensionen angenommen hat.
Diplomatie im Schatten des Öls
Trumps Entscheidung, Sanktionen zu verschärfen und den Gipfel abzusagen, ist mehr als Symbolpolitik. Sie markiert eine Rückkehr zur Druckstrategie – wirtschaftlich, nicht militärisch. Doch die Grenzen zwischen beiden Ebenen verschwimmen zunehmend. Die Ölpreise steigen, die europäischen Energiemärkte reagieren nervös, und die diplomatischen Spielräume schrumpfen.
Für Russland könnte das Sanktionspaket schmerzhafter sein als jede Waffe. Für den Westen bleibt das Risiko, dass steigende Energiepreise die eigene wirtschaftliche Erholung bremsen – und Trumps politische Gegner ihm genau das vorwerfen werden.

