06. Juni, 2025

Politik

Trump verhängt neues Einreiseverbot für Bürger aus zwölf Ländern

Nach dem Anschlag von Boulder verschärft der US-Präsident die Gangart: 12 Staaten sind komplett gesperrt, weitere unterliegen massiven Restriktionen. Doch nicht alle Entscheidungen folgen sicherheitspolitischer Logik.

Trump verhängt neues Einreiseverbot für Bürger aus zwölf Ländern
US-Präsident Trump bei der Verkündung des neuen Einreiseverbots am 4. Juni 2025: Die Maßnahme trifft 12 Länder, vorwiegend aus Afrika und dem Nahen Osten – Ägypten, das Herkunftsland des Attentäters von Boulder, bleibt davon ausgenommen.

Es ist ein politischer Reflex, den man von Donald Trump kennt: Auf Gewalt antwortet er mit Abschottung. Drei Tage nach dem Brandanschlag auf eine Pro-Israel-Demo im US-Bundesstaat Colorado hat der Präsident ein umfassendes Einreiseverbot für Bürger aus zwölf Staaten erlassen – überwiegend aus Afrika und dem Nahen Osten.

Weitere sieben Länder sind von teils drastischen Visabeschränkungen betroffen. In seiner Videobotschaft inszeniert sich Trump einmal mehr als „Beschützer der Nation“ – mit harter Rhetorik, gezielter Symbolik und wenig Differenzierung.

12 Länder gebannt – 7 unter Beobachtung

Die Liste der betroffenen Staaten liest sich wie ein Auszug aus geopolitisch instabilen Weltregionen: Afghanistan, Iran, Sudan, Libyen, Jemen, Somalia, Myanmar, Äquatorialguinea, Eritrea, Haiti, Tschad und die Republik Kongo.

Für Bürger dieser Länder ist die Einreise ab dem 9. Juni komplett untersagt – egal ob mit Visum, Familienbezug oder für medizinische Gründe.

Hinzu kommen restriktive Auflagen für Personen aus Burundi, Kuba, Laos, Sierra Leone, Togo, Turkmenistan und Venezuela. Die Maßnahmen reichen von Visumsstopps bis zu zusätzlichen Befragungen und Aufenthaltsbeschränkungen.

Doch auffällig ist, wer nicht auf der Liste steht: Ägypten. Der mutmaßliche Attentäter von Boulder – Mohamed Sabry Soliman – ist ägyptischer Staatsbürger mit abgelaufenem Visum. Warum sein Herkunftsland nicht von den neuen Maßnahmen betroffen ist, lässt das Weiße Haus unbeantwortet.

Die neuen Restriktionen werden mit dem Angriff auf eine Pro-Israel-Demo in Colorado begründet. Der Täter lebte allerdings bereits seit zwei Jahren illegal in den USA – das Einreiseverbot hätte ihn nicht gestoppt.

Sicherheitslogik oder politisches Signal?

Der Anschlag von Boulder, bei dem zwölf Menschen verletzt wurden, dient der Administration als unmittelbarer Anlass. Soliman hatte am Sonntag Brandsätze auf Teilnehmer einer Pro-Israel-Kundgebung geschleudert – offenbar geplant über ein ganzes Jahr hinweg. In Trumps Videobotschaft wird der Fall als Beleg für „offene Sicherheitslücken“ gewertet, die das neue Dekret nun schließen soll.

Doch Experten sind skeptisch. „Ein Einreiseverbot hätte Soliman nicht gestoppt – sein Visum war bereits 2023 ausgelaufen“, sagt die US-Migrationsforscherin Dr. Elaine Carroll von der University of Chicago.

Sie sieht in dem Schritt eher innenpolitische Strategie als tatsächliche Terrorabwehr.

„Es geht um Sichtbarkeit. Trump sendet die Botschaft: Ich handele, ich schütze euch. Das funktioniert im Wahlkampf.“

Wahlen im Nacken, Umfragen im Blick

Tatsächlich kommt das Dekret nicht aus dem luftleeren Raum: In wenigen Monaten stehen die US-Präsidentschaftswahlen an. Trumps Umfragewerte sind stabil, aber nicht komfortabel.

Die Republikaner kämpfen mit einem gespaltenen Lager, und Trumps Position zur Migration ist eines seiner letzten verbleibenden Mobilisierungsthemen. Mit dem Einreiseverbot knüpft er gezielt an seine erste Amtszeit an – Stichwort: „Muslim Ban“.

Anders als 2017 bemüht sich das Weiße Haus diesmal aber um eine juristisch robustere Begründung. Statt religiöser Zugehörigkeit spricht man von „fehlender Sicherheitskooperation“ mit den betroffenen Staaten.

Gemeint sind etwa fehlende biometrische Daten, lückenhafte Polizeiarbeit oder unzuverlässige Reisepasssysteme. Doch auch hier fehlt Transparenz: Warum etwa Togo, aber nicht Pakistan?

Internationale Kritik, diplomatisches Schweigen

Während Bürgerrechtsorganisationen in den USA bereits Klagen prüfen, bleibt die internationale Reaktion verhalten. Viele der betroffenen Länder pflegen ohnehin nur begrenzte diplomatische Beziehungen zu Washington. Doch in Europa wird man genau hinschauen: Das Timing des Dekrets – kurz vor dem NATO-Gipfel in Brüssel – ist kein Zufall.

Trump inszeniert sich erneut als unnachgiebiger Verteidiger der „amerikanischen Souveränität“. In Brüssel dürfte das für frostige Blicke sorgen – und Erinnerungen an frühere Eklats wecken.

Einreiseverbot als Wahlkampftool?

Unbestritten ist: Die Maßnahmen betreffen nicht nur mutmaßliche Gefährder. Auch Studenten, Forscher, Familienangehörige oder humanitäre Fälle werden nun systematisch ausgeschlossen – häufig ohne Möglichkeit zur Einzelfallprüfung. Die humanitären Konsequenzen sind enorm, wie auch NGOs betonen.

Der Trump-Kurs folgt einer bekannten Choreografie: Erst die Eskalation, dann das Dekret – und schließlich die juristische Auseinandersetzung. 2017 dauerte es Monate, bis der Oberste Gerichtshof das damalige „Travel Ban“ endgültig durchwinkte. Auch diesmal rechnen Verfassungsexperten mit Klagen – und möglichen Anpassungen.

Ein altes Rezept mit neuem Anlass

Der Fall Boulder war brutal – aber ein Einzelfall. Dass daraus nun ein globales Einreiseverbot resultiert, zeigt vor allem eines: Trumps Sicherheitsagenda ist eng mit seiner politischen Agenda verwoben. Die Botschaft: Wer ihn wählt, bekommt harte Grenzen und klare Verhältnisse. Wer Zweifel anmeldet, wird als naiv oder schwach gebrandmarkt.

Doch die Rechnung könnte sich als kurzsichtig erweisen. Denn die eigentlichen Probleme – Visaüberwachung, Sicherheitslücken, fehlerhafte Kommunikation zwischen Behörden – bleiben ungelöst. Statt struktureller Reform gibt es Symbolpolitik in XXL.

Ob das reicht, um im November zu siegen, bleibt offen. Sicher ist nur: Die Welt schaut wieder auf Amerika. Und fragt sich einmal mehr, ob Abschottung wirklich die Antwort auf Angst sein kann.

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