Ein Plan, 72 Stunden, ein Präsident im Machtrausch
Donald Trump inszenierte am Montag im Weißen Haus ein diplomatisches Schauspiel, das selbst für seine Verhältnisse ungewöhnlich war. Gemeinsam mit Israels Premier Benjamin Netanjahu präsentierte er einen Friedensplan für Gaza – und drohte gleichzeitig mit einem „Endspiel“ gegen Hamas.
Das Papier umfasst 20 Punkte und ist auf Tempo ausgelegt: Innerhalb von 72 Stunden nach Zustimmung beider Seiten sollen alle Geiseln – lebend oder tot – freigelassen werden. Erst dann tritt ein Waffenstillstand in Kraft. Israels Militär müsste sich von den Frontlinien zurückziehen, Luftangriffe würden ausgesetzt.
Netanjahu nickt – aber hält sich Hintertüren offen
Netanjahu hatte keine Wahl. Unter massivem Druck aus Washington stimmte er dem Plan im State Dining Room zu. Doch der israelische Premier machte zugleich klar, dass er sich nicht festlegen lässt. „Wenn die Hamas Ihren Plan ablehnt, Herr Präsident, oder wenn sie ihn nur vorgibt zu akzeptieren, wird Israel die Aufgabe selbst zu Ende bringen“, sagte er.
Die Botschaft ist unmissverständlich: Israel spielt mit – solange es funktioniert. Scheitert der Plan, sieht sich Jerusalem nicht gebunden.

Trump droht Hamas mit dem „Job zu Ende bringen“
Trump formulierte es noch drastischer. Sollte Hamas das Angebot ausschlagen, werde Israel „meine volle Unterstützung haben, um den Job zu beenden“. In Washington weiß jeder, was das heißt: freie Hand für militärische Operationen ohne Rücksicht auf internationale Kritik.
Damit setzt Trump Hamas unter enormen Druck – und signalisiert zugleich, dass sein Friedensplan auch als Ultimatum verstanden werden kann.
Ein Anruf aus Katar – und eine Demütigung für Netanjahu
Für Überraschung sorgte ein Telefonat, das Trump kurzerhand arrangierte: Netanjahu musste im Oval Office den katarischen Premier Mohammed bin Abdulrahman Al-Thani anrufen – und sich für einen israelischen Angriff in Doha entschuldigen, bei dem ein katarischer Staatsbürger getötet wurde.
Dass diese Entschuldigung im Beisein des US-Präsidenten erfolgte, zeigt, wie sehr Israel derzeit auf amerikanische Rückendeckung angewiesen ist. Katar gilt als Schlüsselspieler, wenn es um Kontakte zur Hamas geht. Trump nutzte den Moment, um seine Rolle als Regisseur des Nahost-Dramas zu unterstreichen.
Der „Friedensrat“ – Trump und Blair wollen Gaza verwalten
Besonders brisant: Sollte der Plan tatsächlich umgesetzt werden, soll nicht Israel den Gazastreifen kontrollieren. Stattdessen soll ein internationales Gremium, ein „Friedensrat“, die Verwaltung übernehmen – unter Leitung von Donald Trump höchstpersönlich, flankiert von Ex-Premier Tony Blair.
Für Israel bedeutet das einen erheblichen Kontrollverlust. Für Trump bedeutet es die Möglichkeit, den Nahen Osten direkt zu gestalten – und sich als Architekt des Friedens zu inszenieren.
Arabische Staaten ziehen die Strippen
Hinter den Kulissen wird klar: Der Plan trägt nicht nur die Handschrift des Weißen Hauses, sondern auch die der arabischen Verbündeten. Katar, Saudi-Arabien, Ägypten, Jordanien, die Emirate und sogar die Türkei sind eingebunden.
Ihre Botschaft ist eindeutig: Eine Umsiedlung der Palästinenser, wie Trump sie zu Beginn seiner zweiten Amtszeit ins Spiel brachte, steht nicht mehr zur Debatte. Stattdessen soll Gaza als internationale Verantwortung neu gedacht werden.
Zwischen Frieden und Eskalation
Ob Hamas den Plan annimmt, bleibt offen. Ein Sprecher kündigte an, die Vorschläge „in gutem Glauben“ zu prüfen. Doch die Skepsis ist groß. Zu oft scheiterten ähnliche Initiativen an Misstrauen, politischen Kalkülen und der Gewalt auf den Straßen Gazas.

Für Trump ist das Risiko kalkuliert: Gelingt der Deal, schreibt er Geschichte. Scheitert er, kann er Israel Rückendeckung versprechen – und sich trotzdem als kompromissbereiter Friedensstifter darstellen.
Ein Präsident auf der Bühne – und ein Premier im Dilemma
Während Trump die große Bühne sucht, steckt Netanjahu in einer Zwickmühle. Zu Hause drängen rechte Hardliner auf eine militärische Lösung, während internationale Partner auf ein Ende der Kämpfe pochen.
Dass Netanjahu im Weißen Haus zustimmte, aber zugleich drohte, notfalls „auf die harte Tour“ weiterzumachen, ist Ausdruck dieses Spagats. Er weiß: Lehnt Hamas ab, steht Israel mit voller US-Unterstützung im Rücken da – und muss liefern.
Trumps Kalkül
Am Ende sagt dieser Friedensplan vielleicht weniger über den Konflikt aus – als über den Mann, der ihn präsentiert. Trump bindet arabische Staaten ein, zwingt Netanjahu zur Entschuldigung, droht Hamas mit Vernichtung und bietet sich gleichzeitig als oberster Friedensrichter an.
Es ist die alte Trump-Formel: maximale Show, maximale Unsicherheit – und am Ende alles auf eine Karte gesetzt. Ob diese Karte Frieden bedeutet oder Krieg, entscheiden nicht die Worte im Weißen Haus. Sondern die nächsten Tage in Gaza.
