18. August, 2025

Politik

Trump, Putin, Selenskyj – und Europas Angst vor dem „großen Deal“

Wenn Donald Trump am Montag den ukrainischen Präsidenten im Oval Office empfängt, ist Europa mit am Tisch – physisch und symbolisch. Kanzler Merz, Ursula von der Leyen und NATO-Chef Rutte reisen mit, um ein Zeichen zu setzen: über die Zukunft der Ukraine darf nicht ohne Europa entschieden werden.

Trump, Putin, Selenskyj – und Europas Angst vor dem „großen Deal“
Nach dem Treffen mit Putin in Alaska verspricht Trump eine „schnelle Friedenslösung“ – doch ohne belastbare Bedingungen. Dass Russland weiter Gebietsabtretungen fordert, lässt er unbeantwortet. Kritik aus Europa bleibt auffällig vorsichtig.

Ein Friedensgespräch mit Sprengkraft

Washington, Montag. Wenn Wolodymyr Selenskyj an diesem Nachmittag die breite Auffahrt des Weißen Hauses hinauffährt, ist er nicht allein. Hinter ihm: ein Tross europäischer Spitzenvertreter – Kanzler Merz, EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, NATO-Generalsekretär Mark Rutte und weitere Regierungschefs.

Sie alle kommen nicht für den Smalltalk. Sie kommen, um Schlimmeres zu verhindern: einen bilateralen „Deal“ zwischen Trump und Putin, der Europa außen vor lässt – und der Ukraine zum geopolitischen Faustpfand macht.

Was Trump will – und was er riskiert

Nach dem Treffen mit Russlands Präsident Wladimir Putin am Freitag in Alaska hatte Trump angekündigt, er wolle „direkt“ zu einer Friedenslösung übergehen. Nicht zu einem Waffenstillstand, der „sowieso nicht hält“.

Die Wortwahl lässt aufhorchen – und beunruhigt vor allem die europäischen Partner. Denn während Trump öffentlich keine Bedingungen nannte, äußerte sich Putin klar: Er fordert von der Ukraine nichts weniger als territoriale Zugeständnisse, eine Demilitarisierung, ein Ende westlicher Waffenlieferungen – und den endgültigen Verzicht auf eine NATO-Perspektive.

Kurz gesagt: ein russischer Diktatfrieden, verpackt in diplomatische Floskeln. Für Europa ein Albtraum.


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Die Rechnung ohne Europa? Nicht nochmal

Dass Trump versucht, eine Lösung mit Putin „unter Männern“ auszuhandeln, ist kein Novum – aber 2025 ein brisanteres Spiel denn je. Die EU hat seit Kriegsbeginn über 90 Milliarden Euro an Finanz- und Militärhilfen bereitgestellt, Deutschland trägt einen erheblichen Teil davon.

Einseitige Entscheidungen der USA, die diese Realität ignorieren, würden Europa nicht nur politisch demütigen – sie könnten die Sicherheitsarchitektur Europas massiv untergraben. Genau deshalb fliegen heute nicht nur Diplomaten, sondern auch Symbolträger mit nach Washington.

Selenskyj in der Zange

Der ukrainische Präsident sitzt in einem gefährlichen Sandwich. Einerseits braucht er dringend neue Zusagen – militärisch, finanziell, strategisch. Andererseits weiß er, wie schmal der Grat geworden ist.

Trump hat ihn schon einmal vorgeführt: Beim Treffen im Februar warf er ihm vor, „undankbar“ zu sein – und ließ ihn vor laufenden Kameras auflaufen. Auch diesmal ist unklar, ob Trump auf Augenhöhe spricht – oder auf Selenskyjs Schwäche zielt.

Die Europäer wissen das. Und sie wissen, dass in einem Wahljahr in den USA alles möglich ist.

Ein kurzer Rückblick auf eine lange Kluft

Die Sorge ist nicht neu. Bereits unter Trumps erster Präsidentschaft zeigte sich: Transatlantische Solidarität ist für ihn kein Prinzip, sondern ein Pokerchip. Die NATO wurde zur Zielscheibe, multilaterale Bündnisse zu angeblich unfairen Deals.

Mit Ursula von der Leyen, Friedrich Merz und NATO-Generalsekretär Rutte im Gepäck reist Selenskyj ins Weiße Haus – um zu verhindern, dass Trump und Putin im Alleingang Fakten schaffen. Europa fürchtet einen Deal über ukrainische Köpfe hinweg.

Dass Trump nun ausgerechnet mit Putin einen Alleingang riskiert, überrascht niemanden. Die Reaktion Europas aber ist neu – und deutlich: Diesmal reist man mit. Diesmal ist man dabei.

Sicherheitsgarantien auf dem Prüfstand

Was aber genau bedeutet „Sicherheitsgarantie“ für die Ukraine? Bisher sind das vage Versprechen, gebündelt in unverbindlichen Absichtserklärungen. Die NATO will kein Mitglied aufnehmen, das sich im Krieg befindet – die USA wollen keine Truppen entsenden.

Frankreich und Großbritannien hingegen schließen militärische Beteiligungen an einer Friedenssicherung nicht aus. Deutschland dagegen hält sich zurück. Kanzler Merz betont die Unterstützung – vermeidet aber jede Formulierung, die auf Bundeswehreinsätze hindeuten könnte.

Putin bleibt maximalistisch

Gleichzeitig zeigt Putin öffentlich keine Kompromissbereitschaft. Er fordert – auch nach dem Treffen mit Trump – unverändert die Aufgabe ukrainischer Gebiete, die teils nicht einmal vollständig von russischen Truppen kontrolliert werden.

Außerdem will er eine weitgehende Entmilitarisierung der Ukraine und den Ausschluss aus westlichen Bündnissen. Die Botschaft ist klar: Die Ukraine soll neutralisiert und entwaffnet werden – eine Rückkehr zur Einflusssphäre Moskaus.

Was, wenn Trump zustimmt?

Für Europa wäre ein solcher Deal ein sicherheitspolitischer Erdrutsch. Nicht nur, weil er russische Landgewinne faktisch legitimierte – sondern weil er die Idee westlicher Bündnistreue beschädigen würde.

Wenn ein US-Präsident seine Partner übergeht und mit dem Aggressor einen Separatfrieden schließt, stellt das die gesamte westliche Ordnung infrage. Genau davor fürchten sich in Brüssel, Berlin und Warschau viele mehr als vor einer militärischen Eskalation.

Einigkeit als Botschaft – und als Test

Die heutige Reise ist daher mehr als Symbolpolitik. Sie ist ein realpolitisches Signal. Die EU-Staaten wollen gemeinsam auftreten – nicht nur, um Trump zu kontrollieren, sondern auch, um gegenüber Selenskyj Geschlossenheit zu zeigen. Nach dem chaotischen Treffen in Anchorage, nach leeren Pressekonferenzen und lauten Putin-Interviews soll diesmal gelten: Keine Bühne ohne Balance.

Noch kein Frieden – aber eine Linie

Ob es zu einem konkreten Ergebnis kommt, ist offen. Viel spricht dafür, dass Trump vor allem Präsenz zeigen will – nicht Substanz. Doch selbst das ist gefährlich.

Denn wenn Bilder die Politik überholen, können Fakten schnell verloren gehen. Die Europäer versuchen deshalb, das Narrativ zu prägen: Ein Frieden ist nur denkbar mit Sicherheitsgarantien – und mit europäischen Interessen auf Augenhöhe. Alles andere wäre nicht stabil, sondern naiv.

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