Donald Trumps jüngste handelspolitische Kehrtwende beginnt dort, wo es für viele Amerikaner am stärksten schmerzt: an der Supermarktkasse. Nachdem die Lebensmittelpreise in den USA über Monate hinweg gestiegen sind, hebt der Präsident nun zentrale Zölle auf Agrarimporte wieder auf. Ein Schritt, der ökonomisch sinnvoll erscheint – politisch aber mindestens so überraschend ist wie seine parallel verkündete Offenheit für einen neuen Sanktionskurs gegenüber Russland.
Zölle gestrichen – weil die Preise aus dem Ruder laufen
Die Liste, die das Weiße Haus am Sonntag veröffentlichte, liest sich wie eine Inventur des amerikanischen Frühstückstisches: Kaffee, Tee, Bananen, Tomaten, Rindfleisch, Kakao, Gewürze, Fruchtsäfte – dazu mehrere Düngemittel, die für die heimische Landwirtschaft essenziell sind.

Dass Trump ausgerechnet hier zurückrudert, hat weniger mit handelspolitischer Einsicht zu tun als mit einer innenpolitischen Realität, die ihn seit Monaten verfolgt: steigende Lebensmittelkosten. Besonders Rindfleisch ist zu einem Symbol der Teuerung geworden. Die Preise für Hackfleisch sind laut US-Statistikbehörde seit Jahresbeginn Monat für Monat gestiegen – ein Trend, der sich auch durch protektionistische Maßnahmen nicht länger wegdiskutieren ließ.
Die Erklärung der Regierung fällt entsprechend pragmatisch aus: Viele dieser Produkte würden in den USA schlicht nicht in ausreichender Menge produziert. Die Zölle hätten die Versorgungslage verschlechtert, nicht verbessert. Nun sollen Importe die Lücken schließen – ein Eingeständnis, das im Umfeld eines Präsidenten, der sich als Architekt einer neuen amerikanischen Zollordnung sieht, bemerkenswert ist.
Trumps Zollpolitik hinterlässt Verwerfungen
Seit Beginn seiner zweiten Amtszeit verfolgt Trump eine Linie, die in Washington euphemistisch als „aggressiv“ beschrieben wird. Länder, die angeblich vom amerikanischen Zollregime profitiert haben, wurden mit zusätzlichen Importabgaben belegt. Zahlreiche Regierungen verhandelten danach neue Abkommen, die Trump als Erfolg präsentiert.
Ökonomen sehen das differenzierter. Radikale Zollpolitik habe „keine echten Gewinner“, heißt es aus mehreren Thinktanks. Besonders Haushalte mit niedrigem Einkommen litten unter höheren Preisen – eine direkte Folge der Importzölle, die Trump nun teilweise zurücknimmt. Ironischerweise repariert die Regierung also ein Problem, das sie selbst geschaffen hat.
Russland-Sanktionen: Trump überrascht die eigenen Reihen
Wirtschaftspolitisch bemerkenswert ist jedoch, was Trump im gleichen Atemzug ankündigt: Unterstützung für neue Sanktionen gegen Russland.

„Die Republikaner bringen gerade sehr harte Maßnahmen ein – und das ist für mich in Ordnung“, sagte er in Palm Beach. Selbst eine Ausweitung auf den Iran schloss er nicht aus. Mehr Details nannte er nicht, doch die Richtung ist klar: Trump will in der außenpolitischen Debatte sichtbare Härte zeigen.
Erst Ende Oktober hatte die US-Regierung Sanktionen gegen die beiden größten russischen Ölunternehmen verhängt. Hintergrund war die fortgesetzte Finanzierung des Kriegs gegen die Ukraine. Das neue Paket könnte genau dort ansetzen – im Energiesektor, dem wirtschaftlichen Fundament des Kreml.
Ein Präsident zwischen Marktpreis und Machtpolitik
Die parallele Rücknahme von Lebensmittelzöllen und die Bereitschaft, Moskau stärker zu sanktionieren, offenbart ein Muster: Trump bewegt sich dort, wo der innenpolitische Druck am höchsten ist – und hält gleichzeitig an einem außenpolitischen Kurs fest, der in seiner eigenen Partei umstritten bleibt.
Für Verbraucher könnte die Entscheidung kurzfristig Entlastung bringen. Für die geopolitische Lage allerdings bedeutet sie eines: Eine US-Regierung, die handelspolitisch korrigiert, aber sicherheitspolitisch auf Eskalation setzt.
Und eine Präsidentschaft, die zunehmend im Spannungsfeld zwischen Wirtschaftslage und Weltpolitik agiert – mit Entscheidungen, die selten nur eine Seite bedienen.



