Thyssenkrupp steht ein weiteres Mal im Fokus des industriellen Wandels und demonstriert seine Bereitschaft, tiefgreifende strategische Veränderungen vorzunehmen, um seine Position auf dem globalen Markt zu stärken. Im Rahmen dieses umfassenden Transformationsprozesses prüft der Konzern die Möglichkeit, sich von der Mehrheit seiner traditionsreichen Stahlsparte zu trennen. Miguel Lopez, der Vorstandsvorsitzende von Thyssenkrupp, hat in einem Interview mit der "Welt am Sonntag" darauf hingewiesen, dass die EP Group, welche von dem bekannten tschechischen Unternehmer Daniel Kretinsky geführt wird, möglicherweise ihre Anteile an der Stahlsparte über die derzeit geplanten 50 Prozent hinaus erhöhen könnte.
Zunächst jedoch, betont Lopez, sei eine gründliche Konsolidierung der Stahlaktivitäten erforderlich, bei der eine enge Zusammenarbeit mit den Arbeitnehmervertretern unumgänglich ist. Der derzeitige Plan sieht vor, die Beteiligung von Thyssenkrupp an der Stahlsparte von aktuell 80 auf 50 Prozent zu reduzieren. Lopez unterstreicht die Notwendigkeit, diesen Prozess „ohne weitere Zeit zu verlieren, aber mit der richtigen Priorisierung“ zu verfolgen. Besonders entscheidend sind die derzeit laufenden Verhandlungen mit dem Betriebsrat und der einflussreichen Gewerkschaft IG Metall. Diese Abstimmungen sind von zentraler Bedeutung, bevor endgültige Schritte in Richtung eines möglichen 50:50-Joint-Ventures unternommen werden können.
Jenseits der Umstrukturierung in der Stahlsparte verfolgt Thyssenkrupp auch ehrgeizige Expansionsstrategien in anderen Unternehmensbereichen. Ein drastischer Schritt im Rahmen dieser Strategie ist die geplante Reduzierung der Mitarbeiterzahl bei Thyssenkrupp Steel Europe. Innerhalb der kommenden sechs Jahre soll die Belegschaft um 11.000 Stellen auf insgesamt 16.000 reduziert werden. Zudem plant der Konzern einen Börsengang seiner Marineeinheit TKMS, welcher möglicherweise bis Herbst 2025 umgesetzt werden könnte. Auch zukünftige Abspaltungen in den Bereichen Materials Services und Automotive werden in Erwägung gezogen, um die Kapitalmarktfähigkeit des Unternehmens zu stärken.
Im Bereich der Decarbon Technologies bleibt der Fortschritt hinter den Erwartungen zurück, da sich die Entwicklungen in grünen Technologien und Märkten langsamer entfalten als ursprünglich angenommen. Trotz dieser Herausforderungen bleibt Thyssenkrupp entschlossen, sich an den Wandel der Industrielandschaft anzupassen und seine verschiedenen Sparten entsprechend den Marktanforderungen zu positionieren.