Die Entscheidung könnte weit über Israel hinausstrahlen. Das Verkehrsministerium in Jerusalem prüft derzeit die vollständige Zulassung von Teslas autonomem Fahrsystem Full Self-Driving (FSD). Sollte das Land grünes Licht geben, wäre es der erste Staat außerhalb Nordamerikas, der Teslas vollautomatisiertes System offiziell auf die Straße lässt. Ein politisches Signal – und ein potenzieller Wendepunkt für die gesamte Branche des autonomen Fahrens.
Zwischen Regulierung und Realität
Die Verkehrsministerin Miri Regev hat den Vorgang persönlich in Bewegung gesetzt. Auf X teilte sie mit, dass unzählige israelische Tesla-Fahrer sich an sie gewandt hätten – mit einer klaren Forderung: Wann kommt FSD?
Regev reagierte. Der Generaldirektor des Verkehrsministeriums wurde angewiesen, das Zulassungsverfahren zu beschleunigen. Eine neu eingerichtete Arbeitsgruppe soll mit Regulierungs- und Sicherheitsbehörden klären, wie das System internationale Standards erfüllt. Ministerin Regev betont, Israel wolle Vorreiter sein: moderne Technologien auf die Straße bringen, statt sie in der Schublade versanden zu lassen.
Der Zeitpunkt ist kein Zufall. Tesla-Fahrer in Israel haben das System längst gekauft. Sie können es nur nicht nutzen.
Eine Funktion, die schon bezahlt wurde – aber nicht freigeschaltet ist
Tausende Tesla-Besitzer zahlten rund 8.000 Euro für die autonome Fahrfunktion. Die Software sitzt im Auto – blockiert durch regulatorische Vorgaben. Ein Luxusprodukt im Wartestand.
Das ist aus Sicht des Marktes bemerkenswert: Menschen kaufen ein Feature, das sie nicht benutzen können. In der Automobilbranche existiert dafür kaum ein Vergleich.
Für Tesla ist das ein strategisches Geschenk.
Das Unternehmen kann damit zeigen, dass Nachfrage nach Autonomie nicht durch Regulierung gebremst, sondern durch sie angestaut wird. Sobald FSD aktiviert wird, treffen politische Entscheidung und Kundenerwartung aufeinander.
Israel als Testmarkt für den Nahen Osten
Der mögliche Markteintritt hat einen zweiten, weniger offensichtlichen Aspekt: Israel ist technologisch extrem affin und besitzt die höchste Dichte an Fahrzeugen mit Tesla-FSD außerhalb der USA. Schon im Frühjahr dieses Jahres besuchte Regev das Tesla-Werk in Deutschland. Dort wurde über ein Verkehrs- und Datenhub für Israel und den Nahen Osten gesprochen.

Israel könnte Teslas erstes Labor für autonomen Straßenverkehr außerhalb Nordamerikas werden. Ein Land, das Innovationen schnell testet, politisch agil ist und Infrastrukturentscheidungen ungewöhnlich rasch trifft.
Für Tesla wäre das ein Durchbruch, den andere Länder aufmerksam beobachten.
Software schlägt Hardware
Elon Musk lässt keinen Zweifel, wohin die Reise geht. Seine These: Tesla könnte schneller autonom fahren als jede Technologie zuvor weltweit adaptiert wurde. Warum?
Nicht die Hardware entscheidet, sondern Softwareupdates.
Während Wettbewerber wie Waymo auf Spezialhardware, Radarscanner oder teure LiDAR-Systeme angewiesen sind, sitzt bei Tesla alles bereits im Fahrzeug. Mit einem einzigen Softwareupdate kann Autonomie aktiviert werden.
Tesla betreibt bereits einen Robotaxi-Service in Austin. In wenigen Monaten wurde das Einsatzgebiet auf 243 Quadratmeilen erweitert. Waymo – Alphabet-Tochter und größter Konkurrent – kommt in derselben Stadt auf gut ein Drittel der Fläche.
Der Unterschied: Tesla wächst exponentiell. Waymo wächst vorsichtig.
Gelingt der Durchbruch in Israel, folgt der Rest der Welt?
Für die Tesla-Aktie wäre die Zulassung ein Symbol. Autonomes Fahren war immer die große Vision von Elon Musk. Der Markt bewertet Tesla noch wie einen Autohersteller mit einem Tech-Narrativ. Doch sobald ein Land das autonom fahrende System offiziell genehmigt, verschiebt sich die Wahrnehmung:
Vom Autohersteller zum Software- und Mobilitätskonzern.
Analysten rechnen seit Jahren mit diesem Schritt. Israel könnte ihn jetzt bestätigen.


