13. Juni, 2025

Finanzen

Steuerchaos bei Aktienverlusten – Was Anleger jetzt wissen müssen

Die Regeln zur Verrechnung von Aktienverlusten ändern sich erneut – und sorgen für Verwirrung. Wer nicht genau hinsieht, verschenkt Geld. Ein Überblick über Fallstricke, Ausnahmen und einen Paragrafen-Dschungel, der viele Anleger kalt erwischt.

Steuerchaos bei Aktienverlusten – Was Anleger jetzt wissen müssen
1Steuerpflicht bei Gewinn – doch Verluste oft steuerlich wertlos: Aktienverluste dürfen in Deutschland nur mit Aktiengewinnen verrechnet werden.

Die Börse kennt keine Gnade. Wenn Kurse abrutschen und Aktien im Minus verkauft werden, bleibt zumindest ein kleiner Trost: der steuerliche Verlustabzug.

Doch genau dieser wird für Privatanleger in Deutschland zur Stolperfalle – wegen komplizierter Regeln, ständiger Gesetzesänderungen und widersprüchlicher Signale aus dem Finanzministerium.

Seit Jahresbeginn gelten neue Vorgaben zur steuerlichen Verrechnung von Aktienverlusten – oder besser gesagt: eine Rücknahme der vorherigen Lockerung. Was 2024 noch als steuerpolitischer Fortschritt gefeiert wurde, ist 2025 schon wieder kassiert.

Und wer sich darauf verlassen hat, dass seine Bank das im Blick hat, sollte dringend gegenprüfen. Sonst bleibt der Verlust nicht nur auf dem Depotauszug stehen – sondern auch im Portemonnaie.

Regelwirrwarr: Was gilt eigentlich – und für wen?

Grundsätzlich dürfen Verluste aus Aktiengeschäften nur mit Gewinnen aus anderen Aktienverkäufen verrechnet werden. Dividenden, Zinsen oder Fondsgewinne sind steuerlich tabu – eine Sonderregel, die seit Einführung der Abgeltungsteuer 2009 gilt und seither mehrfach juristisch angegriffen wurde.

Immer wieder stellt sich die Frage: Ist es überhaupt verfassungsgemäß, wenn ein Anleger auf Gewinne Abgeltungsteuer zahlen muss, aber Verluste nicht geltend machen darf, nur weil sie sich auf „falsche“ Kapitalerträge beziehen?

Der Bundesfinanzhof äußerte bereits 2020 Zweifel, das Bundesverfassungsgericht prüft seit Jahren. Eine Entscheidung steht noch aus – doch solange das Urteil fehlt, gilt: Verluste aus Aktien dürfen ausschließlich mit Aktiengewinnen verrechnet werden. Punkt.

Totalverlust? Ja – nein – doch nicht?

Für besonders bittere Fälle – etwa wenn eine Aktie nach Insolvenz wertlos wird und aus dem Depot ausgebucht wird – galt bislang eine Ausnahme: Solche „Totalverluste“ konnten bis zu einer Grenze von 20.000 Euro pro Jahr mit allen Kapitalerträgen verrechnet werden, also auch mit Zinsen oder Dividenden.

Ende 2024 dann der politische Kurswechsel: Die Obergrenze wurde aufgehoben – rückwirkend. Erstmals durften Totalverluste unbeschränkt mit sämtlichen Erträgen gegengerechnet werden.

Die bis Ende 2024 gültige Regelung zur Verrechnung von Totalverlusten mit allen Kapitalerträgen wurde Anfang 2025 vom BMF widerrufen – ab 2026 gilt wieder die Einschränkung auf Aktiengewinne.

Ein echter Fortschritt, dachten viele – vor allem, weil Totalverluste meist nicht aus Spekulation, sondern aus schlichter Pechsträhne oder Insolvenz resultieren.

Doch das Finanzministerium nahm die Lockerung Anfang 2025 schon wieder zurück. Mit einem Schreiben an die Finanzämter wurde klargestellt: Auch Totalverluste sind künftig nur noch mit Gewinnen aus Aktienverkäufen verrechenbar. Banken dürfen die alte Regelung lediglich übergangsweise bis Ende 2025 anwenden. Danach ist Schluss.

Die Bank weiß es nicht? Dann wird’s teuer

Wer sich darauf verlässt, dass seine Depotbank das alles automatisch regelt, könnte böse Überraschungen erleben. Denn nicht alle Institute setzen die Regeln gleich um – und manche informieren ihre Kunden gar nicht erst über offene Verlusttöpfe oder steuerlich relevante Ausbuchungen.

Wer 2025 noch einen Totalverlust erleidet, sollte deshalb prüfen, ob die Bank ihn nach altem oder neuem Recht behandelt – und notfalls selbst in der Steuererklärung aktiv werden. Denn was die Bank nicht verrechnet, kann das Finanzamt übernehmen. Aber nur, wenn es weiß, dass da etwas zu verrechnen ist.

Altverluste, Resttöpfe und das ewige Warten

Ein weiteres Problem: Viele Anleger schleppen noch Verlustvorträge aus früheren Jahren mit sich herum, die aufgrund der alten 20.000-Euro-Grenze nicht voll angerechnet werden konnten.

Das Bundesfinanzministerium erlaubt nun immerhin, dass diese „Restverluste“ doch mit anderen Kapitalerträgen verrechnet werden dürfen – entweder über die Bank oder im Rahmen der Steuererklärung.

Aber: Diese Geste gilt nur für Altfälle. Neue Verluste unterliegen wieder der engen Verrechnungslogik. Wer heute mit Aktien auf die Nase fällt, muss darauf hoffen, irgendwann einmal mit anderen Aktien wieder Gewinn zu machen – sonst bleibt der Verlust steuerlich wertlos.

Ein System am Limit

Die Idee hinter der Abgeltungsteuer war einst Einfachheit. Doch mit jedem neuen Urteil, jeder Gesetzesnovelle und jeder Ausnahmeregel entfernt sich das System weiter davon. Heute ist die Besteuerung von Aktienverlusten ein Flickenteppich – rechtlich angreifbar, technisch lückenhaft, praktisch fehleranfällig.

Und inhaltlich fragwürdig. Denn die steuerliche Leistungsfähigkeit eines Anlegers bemisst sich nicht nur nach Gewinnen – sondern auch nach realen Verlusten. Warum diese nur in Spezialfällen angerechnet werden dürfen, erschließt sich ökonomisch kaum. Und juristisch möglicherweise auch nicht mehr lange.

Verluste werden bestraft – doppelt

Der Staat verlangt bei Gewinnen zügig und unbarmherzig 25 % Abgeltungsteuer – selbst dann, wenn die Gewinne sofort wieder reinvestiert werden. Doch wer verliert, steht oft steuerlich im Regen. Das System begünstigt nicht nur kurzfristige Spekulationen, sondern benachteiligt Anleger, die langfristig investieren, scheitern – und dann auch noch auf ihren Verlusten sitzen bleiben.

Anleger sollten prüfen, dokumentieren, und im Zweifel selbst korrigieren. Denn der Fiskus tut es nicht.

Das könnte Sie auch interessieren:

Wie die EU heimlich Aktivisten finanzierte
Die EU-Kommission schloss geheime Verträge mit NGOs ab, um Kohlekraft und Handelsabkommen gezielt zu bekämpfen – bezahlt mit Steuergeld. Brisant: In vielen Fällen wurden gezielte Protestaktionen und juristische Attacken vereinbart, mit dem Segen der mächtigsten EU-Behörde.