20. Juni, 2025

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Stahl, Zölle, Machtpoker – Wie Trump Nippon den Weg zu US Steel freiräumt

Nach monatelangem Tauziehen genehmigt US-Präsident Donald Trump überraschend den milliardenschweren Kauf von US Steel durch den japanischen Rivalen Nippon Steel.

Stahl, Zölle, Machtpoker – Wie Trump Nippon den Weg zu US Steel freiräumt
Mit Trumps Genehmigung wechselt US Steel für 14,9 Milliarden Dollar in japanische Hand – ein fragiles Gleichgewicht zwischen Investitionsoffensive und nationaler Kontrolle.

Ein Machtwort nach 18 Monaten

Ohne großes Zögern setzte Donald Trump am Freitag seine Unterschrift unter eine Entscheidung, die seit eineinhalb Jahren die amerikanische Industrie, Gewerkschaften und die Politik beschäftigt: Der japanische Stahlkonzern Nippon Steel darf den traditionsreichen US-Hersteller United States Steel (US Steel) für 14,9 Milliarden Dollar übernehmen.

Damit kippt der Präsident jene Blockade, die sein Vorgänger Joe Biden noch kurz vor dem Machtwechsel ausgerufen hatte – mit Verweis auf nationale Sicherheitsinteressen.

Politik, Gewerkschaften und der Kampf um Pennsylvania

Seit der Ankündigung des Deals im Dezember 2023 schwelte der Streit in Washington. Sowohl Trump als auch Biden hatten sich zunächst skeptisch gezeigt – nicht zuletzt, weil die Stahlarbeitergewerkschaft United Steelworkers den Verkauf strikt ablehnte.

Im Wahljahr war Pennsylvania, Sitz von US Steel und hart umkämpfter Swing State, politisch zu heikel. Doch Trump stellt nun klar: Der Zusammenschluss dient seinen industriepolitischen Zielen.

„Wir machen Amerikas Stahlindustrie wieder großartig“, ließen US Steel und Nippon in einem gemeinsamen Statement verlautbaren – Trumps Wahlkampfslogan lässt grüßen.

Milliardenspritze für den maroden Stahlriesen

Die Entscheidung kommt für US Steel zur rechten Zeit. Jahrzehntelanger Konkurrenzdruck und ausbleibende Investitionen hatten den einstigen Industriegiganten schwer belastet.

Im Übernahmepaket sichern die Japaner nun Investitionen von elf Milliarden Dollar bis 2028 zu – weitere drei Milliarden sollen nach Reuters-Informationen später in den Bau eines neuen Werks fließen.

Nippon Steel sagt Investitionen von insgesamt 14 Milliarden Dollar zu – ein Rettungspaket für den angeschlagenen US-Stahlgiganten, aber auch ein Türöffner in den US-Markt.

Für Nippon Steel öffnet sich mit dem Deal ein lukrativer Markt: Das Unternehmen erhält nicht nur Zugriff auf zahlreiche US-Infrastrukturprojekte, sondern umgeht zugleich die von Trump selbst verhängten Stahlzölle von bis zu 50 Prozent, die andere ausländische Anbieter belasten.

Für Nippon bedeutet der Schritt einen entscheidenden Hebel, um seine globale Wachstumsstrategie in Nordamerika abzusichern.

Goldene Aktie als politische Rückversicherung

Vollständig ohne Einfluss bleibt Washington dennoch nicht. In den Verhandlungen wurde vereinbart, dass die US-Regierung eine sogenannte „Goldene Aktie“ erhält.

Zwar sind die Details dazu spärlich, doch US-Senator David McCormick erklärte zuletzt, diese gebe der Regierung ein Vetorecht bei strategisch relevanten Entscheidungen des Unternehmens. Ein feines Gleichgewicht zwischen Kontrolle und Investorenfreundlichkeit – zumindest auf dem Papier.

Wirtschaftspolitik nach Trumps Logik

Trump verkauft den Deal als Beleg seiner pragmatischen Wirtschaftspolitik: Mehr heimische Produktion, mehr Arbeitsplätze, weniger Abhängigkeit von chinesischem Billigstahl – und trotzdem internationale Investitionen. Kritiker sehen darin allerdings eine gefährliche Schieflage.

Denn Nippon Steel bleibt trotz aller Auflagen ein ausländischer Eigentümer mit hohem Einfluss auf einen zentralen Industriezweig der USA. Ob die zugesicherten Investitionen wirklich so fließen, wie angekündigt, bleibt abzuwarten.

Nippon Steel drückt Vertragsstrafe von 565 Millionen Dollar

Auch finanziell ist der Zeitpunkt für Nippon günstig. Wäre der Deal erneut gescheitert, hätten die Japaner eine Strafzahlung von 565 Millionen Dollar leisten müssen. Stattdessen ist das Unternehmen nun nach ArcelorMittal und der chinesischen Baowu Steel Group der drittgrößte Stahlkonzern der Welt.

Für Nippon ein Coup – für die USA ein Balanceakt zwischen politischem Kalkül und industrieller Zukunftssicherung.

Ein Signal an globale Investoren

Die Einigung sendet auch ein Signal über den Atlantik hinaus. Trotz nationaler Sicherheitsrhetorik bleiben die USA offen für internationale Industriekooperationen – solange die politischen Bedingungen stimmen.

Gerade asiatische Konzerne dürften die Entscheidung aufmerksam registrieren, wenn es künftig um Fusionen in anderen Sektoren geht.

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