06. Juni, 2025

Börse

Stada im Schaufenster - kommt der IPO?

Der hessische Pharmakonzern legt ein glänzendes Quartal vor – doch hinter den Kulissen wird längst um die Zukunft gefeilscht. Zwei Private-Equity-Firmen machen Druck. Und die Schulden ticken.

Stada im Schaufenster - kommt der IPO?
Stadas Umsatz und Gewinn steigen – doch im Hintergrund laufen Verkaufsgespräche mit zwei Finanzinvestoren parallel.

Gold glänzt nur auf den ersten Blick

Ein Umsatzplus von vier Prozent, ein operativer Gewinnsprung auf 245 Millionen Euro – Stada liefert im ersten Quartal 2025, was Anleger hören wollen. Die globale Unsicherheit? Spielt in Bad Vilbel scheinbar keine Rolle.

CEO Peter Goldschmidt lobt die eigene Robustheit, verweist auf das diversifizierte Geschäftsmodell. Consumer Healthcare, Generika und Spezialpharma – drei Standbeine, viele Absatzmärkte, wenig Abhängigkeit von einzelnen Regionen.

Sogar die USA, derzeit wieder riskanter Absatzmarkt für Pharmaexporteure, spielen bei Stada kaum eine Rolle – und genau das wird plötzlich zum Vorteil.

Doch unter der Oberfläche arbeitet der Konzern an einem grundlegenden Umbau – oder besser: wird umgebaut. Denn die Richtung bestimmt nicht der Vorstand, sondern die Eigentümer.

Verkauf oder Börsengang – aber bitte bald

Seit 2017 gehört Stada den Finanzinvestoren Bain Capital und Cinven. Damals wurde das Unternehmen von der Börse genommen, seither kräftig umgebaut, internationalisiert und durch zahlreiche Übernahmen vergrößert – nicht zuletzt auch verschuldet. 5,6 Milliarden Euro Schulden stehen heute in der Bilanz.

Die beiden Eigentümer hatten bereits im Frühjahr 2025 einen Börsengang vorbereitet, zogen dann aber kurz vor Ostern die Reißleine. Der Grund: geopolitische Unsicherheit und nervöse Märkte.

Nun ist klar: Die Investoren brauchen einen Exit – und zwar bald. Nach exklusiven Informationen verhandelt Stada derzeit parallel mit zwei weiteren Private-Equity-Fonds über einen Verkauf.

Die Doppelstrategie soll den Preis hochtreiben. Falls kein Deal zustande kommt, steht bereits Plan B: ein Börsengang im Oktober. Das Ziel ist also klar – das Mittel noch offen.

Handelsblatt

Schulden als stiller Treiber

Dass Bain und Cinven unter Druck stehen, liegt nicht nur am typischen Investitionshorizont von Private Equity. Es liegt vor allem an der Bilanz. Die 5,6 Milliarden Euro Schulden, die Stada in den letzten Jahren aufgetürmt hat, lassen sich nicht ewig mit günstigen Zinsen kaschieren.

Ein Verkauf oder Börsengang ist nicht nur ein Ausstiegsszenario – es ist ein Entschuldungsinstrument. Mehr als die Hälfte der Schulden könnten über den Kapitalmarkt refinanziert werden, wenn der IPO gelingt.

Ohne diesen Schritt wird es für die Eigentümer zunehmend schwer, in den nächsten Jahren eine attraktive Rendite zu realisieren.

Personelle Umbrüche an zentraler Stelle

Parallel zu den strategischen Verhandlungen verändert sich auch das Management. Stephan Eder, bisher verantwortlich für das Geschäft in Deutschland und Westeuropa, verlässt das Unternehmen nach fünf Jahren. Offiziell „im besten Einvernehmen“.

Intern wird sein Abschied allerdings auch als Signal gewertet: Die Vorbereitung auf eine neue Eigentümerstruktur läuft. Ersetzt wird Eder durch Bryan Kim, der bislang für Spezialpharma zuständig war – und als eng eingebunden in die internationalen M&A-Aktivitäten gilt.

Solche Personalien sind in Private-Equity-getriebenen Unternehmen selten Zufall. Die neue Führungsstruktur soll offensichtlich jene Kompetenzen stärken, die man für einen Eigentümerwechsel – ob über Börse oder Verkauf – dringend braucht.

Strategisch stark, finanziell verwundbar

Was Stada operativ leistet, kann sich sehen lassen. Der Verzicht auf den US-Markt war einst eine Schwäche – jetzt schützt er den Konzern vor möglichen Handelszöllen. Das Russland-Geschäft wurde frühzeitig ausgelagert, das Portfolio breiter aufgestellt. Der Mix stimmt. Doch was fehlt, ist Luft in der Bilanz.

Externe Experten bestätigen: Das operative Geschäft von Stada sei gesund, aber in der aktuellen Struktur zu eng finanziert. Die aktuelle Phase nutze man offenbar gezielt, um die Bewertung zu maximieren – entweder für den Kapitalmarkt oder für neue Investoren.

Der Verkaufsprozess läuft – die Frage ist nur, wer am Ende zahlt

Rekordzahlen, geopolitische Resilienz und ein starkes Portfolio: Stada könnte ein Paradebeispiel für erfolgreichen Umbau unter Private Equity sein. Doch der Schuldenberg und der Druck auf einen baldigen Exit zeigen: Das Fundament ist nicht so stabil, wie es die Zahlen vermuten lassen.

Ob die Eigentümer mit ihrem geplanten Bieterduell den erhofften Preis erzielen – oder ob sie doch noch auf den Kapitalmarkt ausweichen müssen – wird sich in den kommenden Wochen entscheiden. Sicher ist: In Bad Vilbel geht es längst nicht mehr nur um Medikamente. Es geht um Milliarden. Und um Timing.

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