Zölle treffen die Marge, nicht den Preisschild
Die Versuchung war groß, höhere Kosten einfach weiterzureichen. Doch genau das hätte den Absatz zusätzlich belastet. In einem ohnehin schwierigen Umfeld mit schwacher Nachfrage und wachsender Konkurrenz aus China wäre ein offener Preisschock riskant gewesen.
Viele Hersteller entschieden sich daher für einen anderen Weg. Die Zölle wurden intern aufgefangen: durch geringere Margen, durch Verschiebungen im Modellmix oder durch zeitlich begrenzte Anreizsysteme für Händler. Für Kunden blieb der Effekt oft unsichtbar – zumindest kurzfristig.
Dynamisches Preismanagement ersetzt den Jahresplan
Ein zentrales Learning aus dem Zolljahr betrifft die Preissteuerung. Klassische Modelle, bei denen Preise einmal jährlich angepasst werden, erwiesen sich als zu träge. Das sagt Oliver Roll, Professor für internationales Marketing und Preismanagement an der Hochschule Osnabrück.
Stattdessen setzten viele Unternehmen auf flexible Taskforces. Vertrieb, Einkauf, Controlling und Logistik arbeiteten enger zusammen, um kurzfristig zu reagieren. Rabatte wurden regional angepasst, Sonderausstattungen neu gebündelt, Lieferketten optimiert. Ziel war es, die Mehrkosten zu verteilen, ohne sie offen auszuweisen.
Flexibilität wurde damit vom Buzzword zur operativen Notwendigkeit – nicht nur für Konzerne, sondern auch für einzelne Teams und Führungskräfte.

Regionale Verschiebung statt globaler Preiserhöhung
Ein weiterer Hebel lag in der geografischen Steuerung. Verluste in einem Markt mussten nicht zwingend dort ausgeglichen werden, wo sie entstanden. Roll verweist darauf, dass zollbedingte Einbußen in den USA teilweise durch höhere Preise oder stärkeren Vertrieb in anderen Regionen kompensiert werden konnten.
Gerade Europa und ausgewählte asiatische Märkte spielten dabei eine Rolle. Preisanpassungen erfolgten dort subtiler, oft über Ausstattungsvarianten oder Finanzierungsmodelle. Für Kunden wirkte das weniger wie eine Preiserhöhung als wie eine neue Angebotsstruktur.
Indien rückt ins Zentrum der Wachstumsstrategie
Besonders stark richtet sich der Blick auf Indien. Das Land ist aktuell der am schnellsten wachsende Automarkt der Welt. Während Volumenmodelle dort von japanischen und koreanischen Herstellern dominiert werden, ist das Premiumsegment noch vergleichsweise wenig erschlossen.
Für Hersteller wie BMW, Mercedes-Benz oder Porsche ergibt sich daraus eine strategische Option. Wachstum in Indien kann helfen, Druck aus den USA zumindest teilweise auszugleichen – ohne die Preislogik in bestehenden Kernmärkten zu sprengen.
Die Zahlen zeigen, wie real der Druck ist
Dass diese Maßnahmen notwendig waren, belegt eine Studie des Institut der deutschen Wirtschaft. Demnach sanken die deutschen Exporte von Kraftwagen und -teilen in den ersten drei Quartalen 2025 um rund 15 Prozent. Trotz aller Gegenmaßnahmen hinterließen die Zölle klare Spuren.
Die Empfehlung der IW-Experten fällt entsprechend nüchtern aus: neue Märkte erschließen, Abhängigkeiten reduzieren, Preismodelle weiter flexibilisieren. Der Handelskonflikt gilt dabei weniger als Ausnahme, sondern als Vorgeschmack auf eine fragmentiertere Weltwirtschaft.
Das eigentliche Management-Learning
Die wichtigste Erkenntnis aus dem Zolljahr ist keine rein wirtschaftliche. Sie betrifft Führung und Organisation. Unternehmen, die schnell reagierten, Silos aufbrachen und regional differenzierten, kamen besser durch die Phase als jene, die an starren Prozessen festhielten.
Donald Trumps Handelspolitik hat die Margen angegriffen. Doch sie hat auch offengelegt, welche Unternehmen in der Lage sind, Kosten zu absorbieren, ohne Kunden zu verlieren. In einer Welt permanenter Schocks wird genau das zum Wettbewerbsvorteil.


