Quartalszahlen
Showdown bei Nvidia: Kommt jetzt das Ende der KI-Euphorie?
Der Chip-Gigant präsentiert heute Abend seine Quartalszahlen – doch die größte Gefahr lauert nicht im Gewinn, sondern im geopolitischen Risiko.
Der Chip-Gigant präsentiert heute Abend seine Quartalszahlen – doch die größte Gefahr lauert nicht im Gewinn, sondern im geopolitischen Risiko.
Wenn Nvidia heute nach US-Börsenschluss seine Zahlen für das erste Quartal vorlegt, richtet sich der Blick der Wall Street nicht nur auf Umsatz und Gewinn. Die Investoren interessiert vor allem eine Frage:
Wie sehr bremsen die neuen Exportbeschränkungen nach China das künftige Wachstum des KI-Marktführers?
Denn dass der Tech-Konzern aus Santa Clara starke Zahlen liefern wird, gilt als ausgemacht. Analysten rechnen mit einem Umsatzsprung um 66 Prozent auf 43,3 Milliarden Dollar – ein Rückgang gegenüber dem Vorjahr, aber immer noch ein Tempo, von dem die Konkurrenz nur träumen kann. Der Gewinn je Aktie dürfte um knapp 50 Prozent auf 0,93 Dollar klettern.
Nvidia profitiert nach wie vor vom weltweiten Wettlauf um künstliche Intelligenz. Kaum ein Datacenter, kaum ein Techkonzern kommt ohne die Hochleistungschips aus, die das Unternehmen unter CEO Jensen Huang in Serie liefert.
Die Hopper- und Blackwell-Architekturen gelten als Benchmark für maschinelles Lernen, Sprachmodelle und automatisierte Datenverarbeitung.
Doch die Zahlen sind diesmal nicht die ganze Geschichte.
Am 9. April kam Post aus Washington: Für den speziell für China entwickelten H20-Chip, eine abgespeckte Version des Hochleistungsprozessors Hopper, benötigt Nvidia künftig eine Exportlizenz.
Ohne Genehmigung keine Auslieferung. Die US-Regierung begründet den Schritt mit Sicherheitsbedenken: Man fürchtet, dass amerikanische Hochtechnologie für den Aufbau chinesischer Supercomputer mit militärischem Potenzial missbraucht werden könnte.
Ein vertrautes Muster, das bereits unter Biden begann – aber Trump verschärft den Ton. Nvidia ist das erste große Opfer dieser neuen Linie.
Die Folge: Nvidia muss Lagerbestände im Wert von 5,5 Milliarden Dollar abschreiben – die größte Wertberichtigung, die die Chipbranche je gesehen hat. Diese Summe ist nicht nur eine buchhalterische Fußnote.
Sie macht deutlich, welche Märkte Nvidia jetzt verliert – und welche strategischen Risiken eine zu starke Abhängigkeit von China mit sich bringt.
Die Analysten reagieren nervös. Zwar bleibt das langfristige Wachstumspotenzial im KI-Sektor intakt. Doch der Zugriff auf den größten Auslandsmarkt – China – wird plötzlich politisch. Die Aktienmärkte hassen Unsicherheit. Und geopolitische Risiken lassen sich schwer in ein Excel-Modell packen.
Heute wird sich zeigen, wie Nvidia auf diese Herausforderungen reagiert. Investoren werden genau hinhören, wenn CFO Colette Kress über Umsatzerwartungen spricht, über Margen, über neue Märkte.
Noch wichtiger: Welche Alternativen hat Nvidia, wenn Peking wegbricht? Wie stabil ist die Nachfrage in Europa, Indien oder im Nahen Osten? Wie viele Lagerbestände liegen noch in Shenzhen?
Die Strategiefrage rückt in den Vordergrund. Umsatzrekorde sind schön – aber nachhaltiges Wachstum braucht stabile Absatzmärkte. Die USA als Standort, aber ohne China als Abnehmer? Das ist schwer zu kompensieren, selbst für einen Platzhirsch wie Nvidia.
Nvidia steht beispielhaft für eine ganze Branche, die sich neu sortieren muss. KI gilt als Schlüsseltechnologie des Jahrzehnts, und Nvidia liefert das Werkzeug dazu. Doch die Spielregeln ändern sich. Staaten mischen sich stärker ein. Lieferketten werden politisch. Und der Technologietransfer ist keine Selbstverständlichkeit mehr, sondern Teil eines geopolitischen Schachspiels.
Nvidia kann liefern. Die Frage ist nur: Wohin?