25. August, 2025

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Seltene Erden in Brasilien: Kann der Westen Pekings Würgegriff sprengen?

Unter Brasiliens Feldern und Regenwäldern schlummert ein Schatz: schwere Seltene Erden, so günstig abbaubar wie in China. Satellitenbilder und erste Bohrungen lassen Investoren hoffen – doch Umwelt, Infrastruktur und Politik werfen schwere Fragen auf.

Seltene Erden in Brasilien: Kann der Westen Pekings Würgegriff sprengen?
Chinas Macht bleibt bestehen: Peking kontrolliert noch immer rund 90 % der weltweiten Seltenen Erden – trotz neuer Funde in Brasilien.

Pekings Monopol wankt – vorerst nur auf dem Papier

China kontrolliert heute rund 90 Prozent der weltweiten Versorgung mit Seltenen Erden. Besonders die schweren Varianten wie Dysprosium oder Terbium sind für Windräder, E-Autos und Smartphones unverzichtbar.

Seit April drosselt Peking den Export weiter und nutzt die Abhängigkeit als politisches Druckmittel – mit unmittelbaren Folgen: westliche Fabriken müssen ihre Produktion drosseln, Zulieferketten stehen still.

Dass sich Hoffnung ausgerechnet auf Brasilien richtet, ist mehr als geopolitische Spekulation. Der Bundesstaat Minas Gerais beherbergt riesige Vorkommen in verwitterten Tonerden – genau der Gesteinsart, die in China den extrem billigen Abbau ermöglicht.

Tonerde statt Sprengstoff

Der Unterschied zu Grönland oder Schweden ist entscheidend: In Europa müssten die Metalle aus hartem Gestein herausgesprengt und aufwendig aufbereitet werden. In Brasilien – ähnlich wie in Südchina – reicht chemische Auslaugung des Bodens. Der Aufwand sinkt, die Kosten ebenso.

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Resouro, ein kanadisches Explorationsunternehmen, schätzt das Potenzial allein am Standort São Gotardo auf 1,9 Milliarden Tonnen Erz. Erste Bohrungen zeigen fast ein Prozent Gehalt an Seltenen Erden – ein Wert, der Chinas Topminen übertrifft. Zum Vergleich: Typisch sind 0,08 Prozent.

Euphorie trifft Realität

Die Euphorie ist groß: Investoren und westliche Industriekonzerne sehen eine historische Chance. Doch die Hürden sind enorm. Brasilien verfügt über kaum ausgebautes Schienennetz, ein kompliziertes Steuersystem und keine eigene Weiterverarbeitungsindustrie.

Selbst die erste produzierende Mine des Landes, Pela Ema in Goiás, liefert bis mindestens 2027 exklusiv nach China – trotz US-Fördergeld.

Zudem sind Umweltfragen ungelöst. Die In-situ-Laugung, in Asien üblich, gilt in Brasilien als riskant für Grundwasser und Böden. Viele Betreiber müssen deshalb auf Flächenabbau setzen – was Landwirte vor Ort gegen Entschädigung akzeptieren sollen. Verträge mit Bauern gibt es bereits, doch die soziale Sprengkraft ist nicht zu unterschätzen.

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Rohstoffwende im Amazonas?

Noch heikler wird es, wenn Seltene Erden direkt im Amazonasbecken erschlossen werden. Projekte wie das von Brazilian Critical Minerals nahe Apuí werben sogar mit ökologischen Argumenten: Magnesiumsulfat-Lösung sei grundwasserschonender, die Bäume könnten stehen bleiben. Unabhängige Studien bestätigen diese Heilsversprechen bislang nicht.

Gleichzeitig signalisiert Präsident Lula da Silva politische Unterstützung: Brasilien wolle die Suche nach „kritischen Mineralien“ massiv ausweiten. Der internationale Druck ist groß – die Nachfrage wächst, und jeder Monat ohne Alternativen stärkt Chinas Verhandlungsposition.

Ein strategisches Zeitfenster

Für den Westen ist die Ausgangslage paradox: Brasilien könnte innerhalb weniger Jahre zur entscheidenden Rohstoffmacht aufsteigen, doch bislang fließt das meiste Erz weiterhin nach China. Ohne eigene Aufbereitungsanlagen und ohne Infrastruktur wird sich daran wenig ändern.

Die eigentliche Frage lautet deshalb nicht, ob Brasilien Seltene Erden liefern kann – sondern wem. Wenn die Projekte nicht von westlichem Kapital flankiert und politisch abgesichert werden, bleibt das Land trotz gigantischer Ressourcen ein verlängertes Werkstor für Peking.

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