Erfolg im Osten, Versagen im Westen
Wenige Tage, nachdem ukrainische Drohnenverbände auf russischem Boden Bomber im Milliardenwert außer Gefecht setzten, rückt Präsident Selenskyj seine Militärführung neu zusammen.
Während die „Operation Spinnennetz“ aus Sicht Kiews ein strategischer Erfolg war, zeigte ein gleichzeitiger Raketenangriff auf einen Truppenübungsplatz in Dnipropetrowsk, wie angreifbar die eigenen Strukturen geblieben sind. Zwölf Soldaten sterben, viele weitere werden verletzt. Das Resultat: Ein Umbau an der Spitze – mit klarer Botschaft.
Raus aus der Verwaltung, zurück in den Kampf
Mychajlo Drapatyj, bisher für Mobilisierung und Truppenausbildung verantwortlich, bleibt zwar Heereschef – doch Selenskyj entzieht ihm große Teile seines bisherigen Aufgabenbereichs.
Drapatyj soll sich, so der Präsident, „vollständig auf Gefechtsfragen konzentrieren“. Anders gesagt: weniger Organisation, mehr Front. Eine Degradierung im Ton, aber nicht im Rang – und eine direkte Antwort auf Kritik nach dem Fiasko in Dnipropetrowsk.
Drapatyj selbst hatte zuvor seinen Rücktritt angeboten. Selenskyj aber ließ ihn nicht gehen – wohl auch, weil Drapatyj als militärisch versiert gilt. Er hatte zuletzt erfolgreich die Verteidigung bei Pokrowsk koordiniert. Ein General, der nach Ansicht vieler Beobachter lieber bei seinen Truppen als in Besprechungsräumen sitzt – und genau das scheint nun seine Rolle zu werden.
Neue Namen für eine neue Phase
Mit der Ernennung von Oleh Apostol zum Kommandeur der Fallschirmjägertruppen und Robert Browdi zum Chef der Drohnenkräfte holt Selenskyj zwei Offiziere nach oben, die technologische Flexibilität und operative Härte vereinen. Beide gelten als eng mit der modernen Kriegsführung vertraut – und als pragmatisch.

Ein dritter Neuzugang ist Wadym Sucharewskyj. Er übernimmt als Vizekommandeur der Heeresgruppe Ost eine entscheidende Funktion, denn genau dort, rund um Bachmut und Awdijiwka, stehen die ukrainischen Kräfte derzeit unter massivem russischen Druck. Sucharewskyj soll die veraltete Kommandostruktur modernisieren – ein Projekt, das längst überfällig ist.
Ein Zeichen auch an Moskau
Der Umbau ist nicht nur innenpolitische Schadensbegrenzung. Er ist auch eine Machtdemonstration. Die Ukraine zeigt, dass sie Führungsverantwortung übernimmt – gerade nach der wohl kühnsten Militäraktion seit Kriegsbeginn.
Die Zerstörung oder schwere Beschädigung mehrerer russischer Langstreckenbomber in Sibirien, darunter Maschinen vom Typ Tupolew Tu-160, hat nicht nur symbolischen Wert. Es war ein logistischer und psychologischer Schlag weit hinter der Frontlinie.
Dass Kiew seine ursprünglichen Angaben zur Anzahl der zerstörten Maschinen später leicht korrigieren musste, ändert wenig am strategischen Signal: Die Ukraine ist in der Lage, die russische Kriegsführung auch fernab der eigenen Grenzen empfindlich zu treffen.
Druck auf Putin – und ein neuer Ton in Berlin
Selenskyj nutzte seinen Berlin-Besuch auch für politische Forderungen. Nach dem jüngsten russischen Angriff auf Sumy, bei dem vier Zivilisten starben, mahnte er härtere Sanktionen gegen Moskau an.
„Putin wird seine Taktik nicht ändern, solange er nicht unter ernsthaftem Druck steht“, erklärte der Präsident.
Auch gegenüber Bundeskanzler Merz bekräftigte er, dass Sanktionen „nicht nachlassen dürfen – nicht für einen Moment“.
Während Delegationen aus Moskau und Kiew parallel Gespräche über eine mögliche Waffenruhe führen, schafft Selenskyj Fakten. Mit personellen Änderungen, die zeigen sollen: Die Ukraine bleibt handlungsfähig – militärisch, politisch und strategisch.
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