Fünf Milliarden Transaktionen im Jahr, große Namen im Kundenportfolio – und offenbar ein ebenso großes Problem mit der Herkunft des Geldes. Der Zahlungsdienstleister Payone, ein Joint Venture von Worldline und dem Deutschen Sparkassenverlag, steht nach Recherchen des Spiegel schwer unter Druck.
Im Zentrum: Geschäfte mit Hochrisikokunden, dreistellige Millionenbeträge, dubiose Vermittler – und ein fragwürdiges Schweigen der Anteilseigner.
Warnsignale, die niemand hören wollte
Bereits 2022 meldete die BaFin erhebliche Mängel bei Payone. Konkret ging es um „gravierende Defizite“ bei der Einhaltung des Geldwäschegesetzes. Die Finanzaufsicht untersagte dem Unternehmen daraufhin, weiterhin mit bestimmten Hochrisikokunden zusammenzuarbeiten.
Besonders brisant: Ein erheblicher Teil dieser Kunden wurde offenbar von einem in den USA verurteilten Deutschen namens Ruben W. an Payone vermittelt. 2019 liefen allein über diese Verbindungen Transaktionen im Wert von über 110 Millionen Euro – das zeigt ein interner Bericht der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Mazars.
Dass ein Finanzdienstleister mit solch riskanten Strukturen arbeitet, wäre schon für sich genommen alarmierend. Doch Payone gehört zu 40 % dem Sparkassenlager, der Rest liegt bei Worldline, dem französischen Zahlungsriesen. Die Frage, die nun im Raum steht: Wer hat weggeschaut? Und warum?
Sparkassen in der Zwickmühle
Im Zentrum der Kritik steht Ottmar B., heute Geschäftsführer von Payone, früher Aufsichtsrat – und Sparkassenvertreter. Ausgerechnet er war laut Spiegel bereits 2022 in den Risikoausschusssitzungen präsent, in denen die Bafin-Mängel thematisiert wurden.

Laut Protokollen wusste er über das Problemsegment Bescheid. Trotzdem wurde er ein Jahr später an die Unternehmensspitze berufen. Ein ungewöhnlicher Vorgang – und ein fatales Signal an Markt und Öffentlichkeit.
Besonders heikel: Seit dem Einstieg der Sparkassen im Jahr 2014 wuchs der Anteil der Hochrisikokunden am Geschäft. Laut Spiegel machten sie 2019 nur zwei Prozent der Belegschaft aus – sorgten aber für satte 13,6 Prozent der Bruttomarge im Kartengeschäft.
Es ist ein Beispiel dafür, wie lukrativ der Graubereich im Zahlungsverkehr sein kann. Und wie abhängig man sich davon macht.
Die Wirecard-Verbindung
Fast zwangsläufig taucht in diesem Kontext auch der Name Wirecard wieder auf. Die Spiegel-Recherchen legen nahe, dass nach dem Zusammenbruch des Skandalkonzerns zahlreiche ehemalige Wirecard-Kunden bei Payone unterkamen – darunter auch das Netzwerk des als „Pornobaron“ bekannten Ray Akhavan, der später an einer Überdosis starb.
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Der Vorwurf: Payone habe zu wenig geprüft, wer da kam – und wie seriös das Geschäftsmodell wirklich war. Stattdessen habe man sich die Umsätze gesichert, ohne genau hinzuschauen.
Ein Verhalten, das gerade für ein Institut mit Sparkassenbeteiligung irritiert – und das Vertrauen in die Selbstkontrolle der Branche beschädigt.
Worldline mit spürbarem Umsatzrückgang
Der Schaden ist nicht nur ein Reputationsproblem. Der Mutterkonzern Worldline bezifferte die Auswirkungen der abgebrochenen Geschäftsbeziehungen auf bis zu 180 Millionen Euro Umsatz, davon allein 60 Millionen in Deutschland. Für ein DAX-notiertes Unternehmen kein Absturz – aber ein deutliches Alarmsignal. Der Imageschaden dürfte schwerer wiegen.
Reaktion mit Verzögerung
Payone selbst versichert, inzwischen „eine Reihe von Korrekturmaßnahmen“ umgesetzt zu haben – in Abstimmung mit der BaFin. Neue Mechanismen sollen verhindern, dass sich derartige Vorfälle wiederholen. Doch viele Beobachter fragen sich: Warum erst jetzt? Und warum unter öffentlichem Druck?
Die Affäre wirft ein grelles Licht auf die Schattenseiten des modernen Zahlungsverkehrs: Wachstumsdruck, regulatorische Schlupflöcher und die stille Bereitschaft, bei lukrativen Umsätzen auch mal den Blick abzuwenden.
Dass dabei ein Unternehmen mit Sparkassen-Genen im Zentrum steht, ist nicht nur ein Reputationsproblem für Payone – sondern für das gesamte öffentlich-rechtliche Finanzsystem.
Ein Fall, der nicht abgeschlossen ist
Die BaFin bleibt involviert, die Nachwirkungen sind noch nicht ausgestanden – auch juristisch nicht. Ob es zu weiteren Prüfungen oder gar Verfahren kommt, ist offen. Klar ist nur: Die nächste Sparkassen-Kampagne zur Vertrauensbildung dürfte es schwerer haben.
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