30. Oktober, 2025

Immobilien

Rüstungsboom treibt Immobilienpreise – Militärische Flächen werden zum Milliardengeschäft

Deutschlands Aufrüstung verändert nicht nur die Industrie, sondern auch den Immobilienmarkt. Bis zu sechs Millionen Quadratmeter zusätzliche Logistik- und Produktionsflächen werden gebraucht – und die Preise für geeignete Standorte schießen in die Höhe.

Rüstungsboom treibt Immobilienpreise – Militärische Flächen werden zum Milliardengeschäft
Preisaufschläge von bis zu 30 % für Grundstücke, die sicherheitsrelevante Anforderungen erfüllen.

Wenn Panzerhallen zu Premiumobjekten werden

Noch vor wenigen Jahren waren entlegene Industriegebiete schwer vermittelbar. Heute reißen sich Investoren um genau diese Standorte. Der Grund: Die militärische Aufrüstung der Nato-Staaten, allen voran Deutschlands, hat einen neuen Immobilienboom ausgelöst.

Laut einer Studie des Immobilienberaters Savills werden allein in Deutschland rund sechs Millionen Quadratmeter zusätzliche Fläche benötigt – vor allem für Logistikzentren, Munitionslager und Wartungseinrichtungen. Das entspricht einem Zuwachs von 17 Prozent gegenüber dem bisherigen Bestand. In ganz Europa summiert sich der zusätzliche Bedarf auf 37 Millionen Quadratmeter.

„Wir sehen Preisaufschläge von 15 bis 30 Prozent bei Flächen, die für sicherheitsrelevante Nutzung geeignet sind“, sagt Roberto Crapanzano vom Immobilienberater JLL. Das Angebot aber ist knapp – und die Nachfrage steigt mit jedem neuen Rüstungsauftrag.

Rüstung als Treiber einer neuen Immobilienklasse

Was einst als Nischenmarkt galt, wird zum Milliarden-Segment: „Defense Real Estate“ – Immobilien, die speziell für militärische oder sicherheitsnahe Zwecke genutzt werden. Hier treffen private Investoren, Staatsaufträge und geopolitische Interessen aufeinander.

Seit die Nato im Juni beschlossen hat, ihre Verteidigungsausgaben auf 3,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu erhöhen, rollt eine neue Investitionswelle durch Europa. Besonders gefragt sind Objekte, die abseits dichter Besiedlung, aber dennoch verkehrsgünstig liegen – also mit Autobahn- oder Bahnanschluss, aber fernab von Städten.

„Der Markt hat sich innerhalb weniger Monate komplett gedreht“, sagt Christian Kah vom Beratungsunternehmen Colliers. „Was früher kaum Abnehmer fand, ist heute Mangelware.“

Die Rüstungsindustrie expandiert rasant

Konzerne wie Rheinmetall, Hensoldt und MBDA bauen derzeit ihre Produktionskapazitäten massiv aus. Rheinmetall errichtet im niedersächsischen Unterlüß Europas größtes Munitionswerk, Hensoldt erweitert in Ulm, MBDA in Schrobenhausen.

Neben diesen Großprojekten benötigt auch die Bundeswehr neue Flächen – für Kasernen, Depots und Instandsetzungszentren. Das Verteidigungsministerium hat im vergangenen Jahr bereits 450 Bauprojekte abgeschlossen, ein Anstieg um 20 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Rund 1,6 Milliarden Euro flossen in militärische Liegenschaften. Ziel sei eine jährliche Steigerung der Investitionen um bis zu 20 Prozent, so das Ministerium.

Sicherheit kostet – auch beim Bauen

Der Boom hat jedoch eine Schattenseite: Nur ein kleiner Teil der bestehenden Flächen erfüllt die hohen Sicherheitsstandards. „Zugangskontrollen, Überwachungssysteme, verstärkte Wände, spezielle Bauvorgaben – das alles treibt die Kosten erheblich“, erklärt JLL-Experte Crapanzano.

Viele Standorte müssen komplett neu gebaut werden, weil alte Kasernen oder Depots nach 2011 – dem Jahr der Aussetzung der Wehrpflicht – verkauft oder in Wohnungen umgewandelt wurden. Rund 150 der ehemals 400 Militärstandorte sind heute in ziviler Nutzung.

Für die Bundeswehr bleibt deshalb oft nur der teurere Weg über Neubauten oder Mietlösungen. „Aufgrund der Grundstückspreise wird der Staat zunehmend auf Mietmodelle mit privaten Investoren zurückgreifen müssen“, sagt Kah von Colliers.

Private Investoren wittern Chancen

Während der Staat noch plant, sind internationale Fonds längst aktiv. Colliers berichtet von laufenden Gesprächen mit Kapitalgebern, die eigene Fondsvehikel für „Sonderimmobilien“ aufsetzen – also Depots, Munitionslager oder technische Werkstätten, die ausschließlich für militärische Nutzung konzipiert werden.

Viele dieser Projekte entstehen inzwischen nach dem „Built-to-Suit“-Prinzip: Der Investor entwickelt das Objekt exakt nach den Vorgaben eines späteren Nutzers – häufig ein Rüstungsunternehmen oder ein öffentlicher Auftraggeber.

Die Renditeerwartungen liegen über dem klassischen Gewerbeimmobilienmarkt, da die Mietverträge langfristig und die Mieter solvent sind – häufig der Staat selbst.

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Engpass mit geopolitischer Sprengkraft

Der neue Markt boomt, aber er hat klare Grenzen. Flächen, die sicher, abgelegen und infrastrukturell erschlossen sind, bleiben rar. Schon jetzt beobachten Berater, dass Unternehmen auf Nachbarländer wie Polen, Tschechien oder Ungarn ausweichen, um dort zu bauen.

„Deutschland wird für viele Rüstungsprojekte zu teuer und zu bürokratisch“, sagt ein Brancheninsider.

Für die heimische Wirtschaft bedeutet das: Kapital und Know-how fließen zunehmend in Länder mit einfacheren Genehmigungsverfahren.

Der Immobilienmarkt der Zeitenwende

Noch ist unklar, wie lange der Rüstungsboom anhält. Doch schon jetzt zeichnet sich ab: Sicherheit ist zum Standortfaktor geworden. Wo früher Rendite, Verkehrsanbindung und Energieeffizienz zählten, steht heute die Frage im Raum, ob sich dort Panzer, Drohnen oder Raketen montieren lassen.

Ein Markt, der einst auf Frieden gebaut war, wird zur Infrastruktur der Abschreckung. Und die Nachfrage? Sie dürfte bleiben – solange die Welt unsicher ist.

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