11. Oktober, 2025

Politik

Rückblick auf die deutsche Russlandpolitik: Fehler und Irreführungen im historischen Kontext

In einem neuen, umfassend recherchierten Buch werfen die Autoren Georg Mascolo und Katja Gloger einen kritischen Blick auf die deutsche Russlandpolitik der letzten Jahrzehnte. Im Zentrum ihres Werks steht die konstante Hoffnung zahlreicher deutscher Regierungen auf eine beständige Kooperation mit dem Kreml – ein Ansatz, der sich angesichts aktueller Entwicklungen als trügerisch erwiesen hat. Besonders heben sie das Versäumnis hervor, nach der Annexion der Krim im Jahr 2014 adäquate Maßnahmen zu ergreifen, obwohl Geheimdienstwarnungen klare Hinweise auf die brisante Lage lieferten.

Thomas Haldenwang, der ehemalige Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, äußert in diesem Kontext sein Unverständnis darüber, dass wiederholt 'rote Linien' überschritten wurden, ohne dass dies spürbare Konsequenzen für Russland nach sich zog. Diese Nachlässigkeit wird als schwerwiegendes Manko in der strategischen Ausrichtung der deutschen Außenpolitik beschrieben. Sie illustriert die anhaltende Unterschätzung der Bedrohungsdynamik, die von Moskau ausgeht.

Kritisch beleuchtet wird auch der Umgang der deutschen Behörden mit den Bedrohungen gegenüber dem im Ausland lebenden Kremlkritiker Alexej Nawalny während dessen Aufenthalt in Deutschland. Haldenwang stellt ernsthaft in Frage, inwieweit der deutsche Staat weiterhin in der Lage ist, angemessen auf Gefahren zu reagieren, die von solchen politischen Spannungen ausgehen.

Wolfgang Ischinger, der Vorsitzende des Stiftungsrates der Münchner Sicherheitskonferenz, betont die Wichtigkeit des Buches als essenzielle Lektüre für alle, die sich einer ehrlichen Reflexion der deutschen Außenpolitik gegenübersehen möchten. Er sieht darin einen wichtigen Schritt, die Versäumnisse der Vergangenheit aufzuarbeiten. Emily Haber, eine erfahrene Spitzendiplomatin, erläutert zudem, dass Wladimir Putin bereits frühzeitig dazu in der Lage war, Deutschland in die Irre zu führen - ein Faktum, das von vielen Entscheidungsträgern zu lange unterschätzt wurde.

Der Bogen, den die Autoren von Putins gefeierter Rede im Bundestag 2001 bis hin zu seiner herausfordernden Darbietung auf der Münchner Sicherheitskonferenz 2007 spannen, zeigt die drohende Entwicklung eines imperial-autoritären Russlands auf. Deutsche Regierungsstellen hielten dies lange für unwahrscheinlich, eine Wahrnehmung, die sich im Rückblick als verhängnisvoll und fatal erweisen könnte. Diese Fehleinschätzung wird von Mascolo und Gloger schonungslos offengelegt und bietet eine eindringliche Mahnung für die Zukunft der deutschen Außenpolitik.